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Mechelon - Experimente (2)

2004

Wieviele Stunden oder gar Tage mögen vergangen sein? Wie lange waren sie jetzt schon hier unten? Hier, in diesem Gebäude, was am Anfang den Eindruck erweckt hatte, es wäre ein gewöhnlicher Bunker. Und was hatten sie bisher alles gesehen? Wie waren sie fast aufeinander losgegangen; Simmon und Timmez auf der einen, Joshua auf der anderen Seite? Doch hatten sie sich in der anfänglichen Panik nicht allzu tief verstrickt, so dass sie noch erkannt haben, dass sie keine Feinde waren, bevor einer von ihnen den Tod gefunden hatte. Inzwischen waren die drei zusammen weitergezogen. An Timmez Bein hatte sich mit der Zeit schwerer Wundbrand breit gemacht, seine Schmerzen mussten unerträglich sein. Das Fieber stieg zwar nicht mehr, ging aber auch nicht zurück. Sie hatten sich in den Speiseraum zurückgezogen, den sie vor zwei Stunden entdeckt hatten. Simmon liess die Geschenisse der Vergangenheit noch einmal vor seinem inneren Auge ablaufen. Die ersten Bilder die ihm in den Kopf schossen waren die der Leichen. Wenige Stunden ist es her, als sie die toten Körper gefunden haben. Brüder hatte Joshua sie genannt, böse Brüder, und Ähnlichkeit hatten einige von ihnen, mit seiner hühnenhaften Gestalt, in der Tat. Bilder sah er, Bilder die keiner von ihnen jemals vergessen wird; eingebrannt in ihre Lider. Bilder von Männern, Frauen und Kindern. Teilweise in Nährflüssigkeit liegend, teilweise in Alkohol konserviert, teilweise einfach dahingerafft. Verhungert, getötet, abgeschlachtet. Nein, dies war kein Bunker! Es war eine Forschungsanlage, ein Versuchslabor. Simmon kannte die Gerüchte, die Geschichten die man sich erzählte, über Einrichtungen wie diese. Wissenschaftler ohne ethische Vorstellungen, Menschen ohne Moral, die keine Hemmungen haben in den Genpool des Menschen einzuwirken. Die Versuche biokinetischer Art wagten, um die Vorteile von Maschinen, mit der Intelligenz und Beweglichkeit eines Menschen zu paaren. Zuchtanstalten waren dies, Zuchtanstalten und Produktionsstätten.

Er musste lächeln, als er an die erste Begegnung mit Joshua dachte, er merkte es nicht einmal, aber er lächelte. Sie hatten ihn verwundet, angeschossen aus dem Reflex heraus. Er bot aber auch wirklich einen Angst einflössenden Anblick. Diese Verschmelzung von menschlichem Gewebe mit moderner Robotertechnik. Grauenhaft! Aber er war nicht ihr Feind. Fast hätten sie seine Worte überhört, ihnen keine Beachtung geschenkt. Simmon war es Mühe und Not gelungen den Finger, wider seines Triebes, vom Abzug zu nehmen und dem Wesen keinen weiteren Schmerz zuzufügen. Joshua hätte sie töten können, ohne Frage, aber er sprach zu ihnen. "Fr-Freund... Schmer-zen... he-hel-fen." Dies waren seine Worte. Simmon brauchte eine Weile, bis er begriffen hatte, dass dieses Wesen, diese Kreatur, sprechen konnte. Zwar schwer verständlich, langsam, stotternd und grunzend, aber es sprach! Nicht er war das Monster, sondernd die Wissenschaftler, die ihm angetan haben, was er erleiden musste, die ihm zu dem gemacht haben, was er war. Er hatte ihnen erzählt, dass er wahrscheinlich nicht der einzige Überlebende seiner Art ist. Es gab noch andere Experimente, andere Mutanten. Andere, die aber so zerfressen vom Hass und zersetzt von ihrer Wut waren, dass sie wirklich nur noch Tiere waren. Tötungsmaschinen, herangezüchtet, mit Technik erweitert und darauf gedrillt worden alles zu vernichten. Menschliche Maschinen, die nur ein Ziel kannten: Zerstörung. Und sie waren vielleicht noch irgendwo da Draussen! Doch nicht alle der Leichen, die sie entdeckt hatten, waren zu Lebzeiten für Experimente genutzt worden; einige lagen unbefleckt wie Gott sie schuf auf dem Boden, einigen anderen waren lediglich okkulte Zeichen in die Haut geschnitten worden. Doch auch diese Bilder würden sie niemals vergessen. Pentagramme in Haut geritzt, blasphemische Symbole ins Fleisch gebrannt. Schrecklich!

Noch immer wussten sie nicht wirklich was hier unten geschehen war. Zumindest aber wussten sie Einiges mehr als noch vor kurzer Zeit. Joshua hatte ihnen, so gut er sich eben ausdrücken konnte, in eine rKurzfassung berichtet, was er erlebt und gesehen hatte. Er war schon seit einiger Zeit hier unten. Die morbide Athmosphäre und der Sauerstoffmangel, sowie die Auswirkungen der Experimente auf seinen Körper haben ihre Spuren hinterlassen. Nicht nur, dass er kaum verständlich sprechen konnte, nein von Zeit zu Zeit, in unregelmässigen Abständen bekam er Anfälle; Zuckungen ähnlich denen bei Epilepsie.

"Fr-Freund... Schmer-zen... he-hel-fen." Dieser Satz hatte sich in Simmons Gedächntnis geschlichen, wieder und wieder. Jedes Mal trat mit diesem Satz auch die Situation, in der diese Worte gesprochen worden waren, erneut in sein Bewusstsein. Sie hatten den Trakt betreten, den Opferraum erkundet, waren auf Joshua gestossen. Seine abartige Erscheinung hatte Simmon zum kotzen gebracht. Wie muss er Joshua mit dieser Handlung beleidigt haben? Er hatte den Hühnen kurz darauf mit dem Gewehr schwer verwundet. Acht Einschusslöcher ziehrten den Brustkorb ihres neuen Begleiters. Die Wunden verheilten rasch, die Blutung stoppte schon nach wenigen Minuten, sein Gewebe erneuerte sich viel schneller, als das von normalen Menschen, doch er war verwundet. "Fr-Freund... Schmer-zen... he-hel-fen." Das war Joshuas Reaktion auf den Angriff durch Simmon. Er ist nicht etwa von der Wut entflammt auf sie losgegangen. Er nannte ihn, Simmon, einen Freund. Er bat um Hilfe. Sowohl Simmon als auch Timmez hatten von dieser Kreatur, die ihren Weg gekreuzt hatte, alles erwartet, nur nicht das! Sie mussten einen komischen Eindruck abgegeben haben, die beiden Räuber und diese Kreatur, die sich verwundert und zweifelnd anstarrten. Die Anspannung wich innerhalb von Sekunden. Simmon wusste, dass er Joshua hätte töten können, aber er wusste auch, dass der Mutant sie beide, ihn und Timmez, wohl ebenso in den Tod gerissen hätte. Wären sie sich wirklich feindlich gesinnt gewesen, so hätte wohl keiner von ihnen überlebt. Anfangs noch skeptisch näherten sich Simmon und sein Untergebener der riesigen Kreatur. Sie sahen in seine dunklen Augen, dem einzigen Teil seines Körpers, der noch ganz und gar menschlich schien. Sie sahen seine Angst, seinen Schmerz und bekamen einen Einblick, eine Ahnung von dem, was dieser Mann erlitten hatte. Seine gelenke gaben mechanische Geräusche von sich, als er den Arm hob und ihnen die Hand entgegen streckte. "Fre-Freund?" Dieses Mal war es eindeutig eine Frage, die aus Joshuas Mund hervorkam. Es war nicht anzuzweifeln, dass er ängstlich war, mehr Angst vor ihnen hatte als sie vielleicht vor ihm. Und doch, er konnte nicht anders sprechen, klang es, durch das mitschwingende Grunzen in seiner Stimme, bedrohlich. Es klang nicht so, wie es geklungen hätte, wenn seine Stimmenbänder nicht in dem Ausmasse degeneriert gewesen wären, wie sie es waren. Es hätte wie die Frage eines ängstlichen Kindes klingen können, dass mit bittenden Augen hofft, auf einen Freund gestossen zu sein; aber so wie er es aussprach klang es wie eine Drohnung. Es klang als wollte er sagen, seit lieber meine Freunde, oder ich bringe euch den Tod! Simmon schrak zurück, wich der Hand aus, die ihm in einer grobmotorischen Bewegung entgegen gestreckt wurde. Noch immer hatte er seine Waffe im Anschlag, den Lauf genau auf das Herz des Monsters gerichtet. Joshua blickte Simmon genau in die Augen und eine Träne entwich ihm. Da wurde Simmon schlagartig bewusst, dass von diesem Wesen keine Gefahr ausging, es wollte ihnen nichts böses. Es kostete Simmon einige überwindung die freundschaftliche Geste der ausgestreckten Hand zu erwidern. Er betrachtete Joshuas Hand erst einige Sekunden. Ein Finger fehlte ganz, ein anderer war durch einen Roboterfinger ersetzt. Das Handgelenk schien nicht mit Metall verstärkt oder gar aus technischen Teilen zu bestehen. Es war sein menschliches Gelenk, doch zu einem Geschwülst herangeschwollen, das wie ein Fettring aussah, welcher sich um den Übergang von Unterarm zur Hand gelegt hatte. Ein fleischiger, ekliger Armreif. Schliesslich überwand Simmon seinen Ekel, ergriff die Hand mit seiner eigenen und sagte: "Freund!" Joshua hatte versucht zu lächeln, doch es glückte ihm nicht ganz. Seine Gesichtsmuskulatur schien ihm nicht ganz zu gehorchen, so dass er sie nur zu einer verzerrten Fratze überreden konnte. Er schien den Ausdruck des Ekels, welcher sich in Simmons Gesicht legte, erkannt zu haben, denn er strengte sich merklich an, befahl seinen Gesichtszügen erneut, mit all seiner Kraft, einen freundlichen Eindruck auf sein Anlitz zu zaubern. Es gelang ihm. Schweiss perlte von seiner Stirn, rann ihm das gesamte Gesicht herunter, doch er lächelte. Dieses Lächeln war es, welches Simmon auch jedes Mal unbewusst lächeln liess, wenn er an diesen Moment zurückdachte.

Sie sassen also im Speiseraum. Hier gab es sogar Essen, frisches Essen. Na gut, ganz so frisch war es nicht, aber im Vergleich mit den Militärfrass den sie bei sich in ihren Rucksäcken hatten, war dies fast schon ein Stück Paradies. Gefriertruhen voll mit Nahrungsmitteln aller Art, Kühlschränke mit Getränken. Gerätschaften zur Zubereitung von Nahrung gab es auch genügend. Sie entschieden sich, dass es sich mit vollem Magen weitaus besser aushalten liesse, nach einem Ausgang zu suchen, den es vielleicht nicht einmal gab. Mit der Zeit gewöhnten sich Joshuas Stimmbänder an das Sprechen, er stotterte immer weniger. "Was haben sie mit dir gemacht?" Fragte Timmez den verunstalteten Mann. Und Joshua begann zu erzählen: "Ich ka-kam ins Krankenhaus der Stadt. Mir sollte ein Bein ab-ge-genommen werden, weil es d-d-durch eine Explosion zu stark verletzt war. Als ich aus der Narkose aufwachte war ich aber nicht m-mehr im Krankenhaus; ich befand mich schon h-h-hier unten, wusste es zu der Zeit aber nicht. Mein Bein war nicht amputiert, sondern er-ersetzt worden, durch dieses Metallbein." Er streckte ihnen sein linkes Bein entgegen, so dass sie genau sehen konnten, wie die Drähte, Stifte und Schläuche des kinetischen Körperteils mit dem lebenden Gewebe verbunden waren. "Ich wollte aufstehen, d-doch ich war an meine L-L-Liege gefesselt. Mir hingen überall Schläuche aus dem Körper und durch einige davon wurde mir eine grünliche F-Fl-Flüssigkeit in den Körper gepumpt. Die Stunden gingen, die Nächte kamen und nur ab und an liess sich ein Mann blicken, der in steriler Kleidung die Schläuche überprüfte." "Man hat dir nichts zu essen gebracht?" Fragte Timmez frei heraus. "Nöö. w-wozu? Einer der Schläuche hat sicherlich irgeneine Nährflüssigkeit in mich ge-gepumpt. Und wofür die anderen waren, habe ich d-da-dann ja schmerzlichst erlebt." Er stockte kurz, atmete einmal tief durch, räusperte sich in seiner grunzenden Art, an die sich Simmon und Timmez schon gewöhnt hatten, und berichtete seine schmerzlichen Erfahrungen: "Mit meinem Körper gingen komische Dinge vor sich. Meine Haut veränderte sich als erstes, ich habe geschrien, als sie sich ausdehnte. Sie wurde gräulich und spröde, an einigen Stellen riss sie ein. Blut strömte über meinen Köper, keine Unmengen, aber es war ein abscheuliches Gefühl. Das schlimmste war, dass ich die Wärme meines Blutes nicht spüren konnte; entweder war es nicht warm, oder meine Sinne hatten zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr volle Leistung erbracht." Wieder stockte er. Es war ihm anzusehen, dass dieses Gespräch schlimme Erinnerungen in ihm hervorbrachte. Dinge, an die er lieber nicht mehr denken wollte. Doch er riss sich zusammen, wollte gerade weitererzählen, als Simmon dazwischengriff: "Du brauchst nix erzählen, was du nicht möchtest!" "A-A-Aber i-ich will! Es tut gut darüber zu re-reden, auch wenn der erste Moment schmerzlich ist." "Okay, dann fahre bitte fort." Ermutigte ihn Timmez in ruhigem Ton. "Was geschah weiter mit dir?" "Mein Muskelgewebe blähte sich auf, so sehr, dass die Haut weiter riss. Ich spürte, wie mein rechter Unterarm taub wurde, er begann zu sterben, versteht ihr? Mein eigener Arm, er starb an meinem Körper ab und ich konnte nichts dagegen unternehmen." "Und sie haben auch nichts unternommen?"

Simmon bemerkte gar nicht, wie scharf er das Wort "sie" betonte. Wer waren sie überhaupt? Diese Frage interessierte ihn fast mehr, als die Details darüber was mit Joshua geschehen war. Er war eben immer noch der abgebrühte Raubmörder, der den Bunker vor einiger Zeit betreten hatte. Zwar hatte er inzwischen ein vollkommen neues Verhältnis zum Leben und zur Angst und einige auch seiner Lebensmaxime noch mal ordentlich überdacht, doch im Kern war er noch ganz der Alte. Seine, an sich selbst gerichtete Frage, wer sie denn gewesen waren, hatte einen einfachen Grund: Er wollte wissen, mit wem er und seine Begleiter es vielleicht noch zu tun bekamen. Er wusste, dass er mit Kreaturen der selben Art zu rechnen hatte, wie Joshua eine war, doch er stellte sich die Frage, ob die Menschen, die solche Kreaturen, solche Monster erschaffen, nicht vielleicht weitaus schlimmere Feinde waren, als diese hirnlosen Viecher?

"Doch, das haben sie, und wie..." Joshua war nun an einem Punkt angekommen, an dem das Grauen für ihn erst richtig losgegangen war. "Sie ha-haben mir den Arm genommen! Haben ihn einfach ab dem Ellenbogen a-a-abgetrennt und mir stattdessen einen Roboterarm eingesetzt. Sie haben mir sogar meine eigene Hand gelassen, nur den Unterarm haben sie mir genommen, diese Bastarde." "Aber dein linker Arm ist doch vollkommen, äh... Menschlich." Simmon konnte es eindeutig sehen: Der linke Arm war vollständnig mit Haut überzogen. Nichts glich dem Anblick des Roboterbeines, welches Joshua ihnen so bereitwillig präsentiert hatte. "Nein! Nein! Nein! Nein!" Joshua machte diese Bemerkung wütend. "Ihr d-dummen Idioten, nichts wi-wisst ihr, nichts!" Er klopfte bewusst mit dem Unterarm auf den Tisch und der Klang, welcher dadurch erzeugt wurde, war eindeutig Metall auf Holz! "Aber..." Timmez riss seine Augen weit auf, er starrte Joshua ungläubig an. "Ja, sie haben ihn mir genommen!" Unterbrach Joshua sogleich Timmez Einwand und erklärte: "Sie haben ihn ersetzt, durch einen, wie sie sagten, besseren." Trauer mischte sich unter seine Stimme und eine Träne perlte aus seinem Auge und lief seine Wange hinab. "Sie haben ihn mit genetisch veränderter Haut überzogen, sie wollten, dass alles menschlich aussieht. D-die ersten Male hat mein Körper die Haut nicht angenommen, hat gegen sie angekämpft. Unter Sch-Schmerzen weigerte sich mein Körper die angenähte Haut in meinen Organismus überzuführen. Sie mussten die Nähte vorzeitig lösen, die Haut wurde abgestossen. Sie wiederholten die Transplantation wieder und wieder..." Nun begann Joshua endgültig zu weinen. Die Erinnerungen an die Schmerzen mussten grausam sein. "Irgendwann hatte mein Körper einfach nicht mehr die Kraft sich gegen den Fremdkörper zu wehren. Die Haut blieb wo sie hingesetzt wurde... D-doch mein Körper kämpft auch heute noch dagegen an! Ich spüre noch he-heute, wie er versucht sich von diesem u-un-ungeliebten Teil meiner Hülle zu befreien. Ich spüre den Schmerz deutlich, je-jede Nacht, jeden Tag, jede Se-Sekunde." "Das muss doch schrecklich sein." Timmez bemitleidete die freundliche Kreatur aufrichtig. "Das ist es! Aber wenn man permanenten Schmerz verspürt, d-dann stumpft man ab. Man gewöhnt sich daran. Ich habe gelernt damit zu leben." Er hatte sich daran gewöhnt rund um die Uhr Schmerzen zu haben. Er hatte sich daran gewöhnt... So wie Timmez und Simmon sich an das Grunzen in seiner Stimme gewöhnt hatten. "Als sie ihre abartige Operation an mir, nach ihrer Meinung mit Erfolg, durchgeführt hatten, liessen sie mich wieder ein paar Tage alleine auf meiner Liege zurück. Me-mein Muskelgewebe nahm weiter zu, entwickelte sich zu diesem Geschwür aus Muskeln, welches heute meinen Körper ziehrt. Ich fühlte mich schwach, sehr schwach... Und doch merkte ich, w-wie die Stärke immer mehr in meinen Körper drang." Er wischte sich die letzten, noch nicht ganz getrockneten Tränen aus dem Gesicht. "Eines Tages kamen sie zu zweit wieder zu mir, wollten auch mein Bein der Prozedur mit der Hauttransplantation unterziehen. Sie rissen noch blöde Sprüche, dass es beim letzten Mal mit meinem Arm, ja doch zu-zufriedenstellend gelaufen wäre und man nun eine grössere Fläche in An-Angriff nehmen könnte. Die Wut und die Angst, beides kochte in mir auf, ich konnte es kaum kontrollieren." "Was hast du dann gemacht? Oder, was haben sie mit dir gemacht?" Timmez fragte neugierig, aber nicht respektlos. "Na, sein Bein haben sie jedenfalls nicht geschafft zu tapezieren!" Simmon grinste über das Gesicht, welches Timmez nun erschrocken und überrascht zugleich machte. Timmez selbst war die ganze Zeit darauf bedacht, Joshua nicht durch fiese Bemerkungen oder voreilige Kommentare zu verletzen, doch Simmon sagte es frei heraus, wie er es dachte und gab einen Dreck auf das, was seine Worte auslösen könnten. Er hatte immer noch nicht, aus keinem der Worte Joshuas heraushören können, wer genau sie denn nun waren. Sie, sie... Es hallte in seinem Schädel hundertfach nach. Wer waren sie? Er beabsichtigte zu provozieren, doch Joshua blieb ruhig und entgegnte ihm nur ein: "Nein, das haben sie nicht!" Ihre Blicke kreuzten sich, sie beide warfen sich für einen kurzen Moment Verachtung entgegen, dann besannen sie sich aber auch schnell wieder, fast gleichzeitig, und liessen den Blick voneinander ab. "Sie wollten es... Und sie wollten noch mehr. Ich habe gehört, wie der Eine zu dem Anderen sagte, er solle mir das Serum injizieren, damit ich meines freien Willens braubt werden würde. Sie wollten mich zu einer willenlosen Kreatur heranzüchten, zu einer Waffe in ihrem Dienst. Doch das habe ich nicht zugelassen!" Er berichtete weiter, was geschehen war. Er hat den einen Mann bis an seine Liege herankommen lassen, dann hat er all seine Kraft aufgebracht um sich von den Fesseln zu befreien. Er hatte es geschafft! Er griff den Arm des erschrockenen "Pflegers" und entwendete ihm die Spritze mit dem besagten Serum. Er drehte, in der gleichen Bewegung, den ergriffenen Arm auf den Rücken des Mannes, so dass dieser nun, mit dem Gesicht von ihm ab, vor ihm in seinen Haltegriff stand. Er nahm die Spritze und rammte sie seinem Peiniger ins Auge. Die gelbliche Flüssigkeit trat aus dem Auge hervor, vermischt mit Blut. Der Mann stöhnte, schrie, wand sich vor Schmerzen, doch Joshuas Wut kannte in diesem Moment keine Grenzen. Der zweite der Männer wollte fliehen, doch Joshua agierte schnell, sehr schnell. Er war selber überrascht gewesen, welche Geschwindigkeit seine Reflexe plötzlich hatten, doch er genoss es, zumindest zu diesem Zeitpunkt. Er sprang durch den halben raum und ergriff den Mann noch aus der Luft. Er riss ihn vor sich und nutzte ihn als Polster, als er mit voller Wucht gegen die Wand knallte. Er vernahm den Laut von brechenden Knochen und dies mit einer grossen Genugtuung. Joshua riss dem Mann die Bauchdecke mit den blossen Händen auf und ergriff instinktiv seinen Dünndarm. Der Mann schrie, er schrie voller Leid und Verzweiflung, er schrie im Angesicht des Todes, wohl wissentlich, dass es für ihn keine Hoffnung auf Leben mehr gab. Der Hühne wickelte den, aus dem Leib des Mannes herausgezogenen, Darm um dessen Hals und verwendete ihn wie eine Hundeleine um den Sterbenden zu seinem Kollegen zu zerren. Auf dem Flur vor dem Zimmer wurden mitlerweile Schritte laut. Stimmen waren zu hören. "Was ist da drin los?" "Wo sind die Wachen?" "Alarmier doch einer die zuständigen Leute" All solche Rufe drangen durch die Tür. Während drinnen die beiden Männer ihren Totenkampf ausfochten, versammelten sich bewaffnete Truppen auf dem Flur. Joshua aber war damit beschäftigt das Angefangene zu vollenden. Er zerrte seinen "Hund", wie er ihn beim erzählen benannte, zu seinem Kollegen und brachte ihn dazu "Platz zu machen". Simmon musste lachen, als Joshua es so ausdrückte. Es hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Verhalten, welches Simmon selbst seinen Opfern gegenüber an den Tag legte. Er hatte die beiden nebeneinander auf den Boden gesetzt. Nun nahm er jeweils einen Kopf in seine, inzwischen zu Pranken deformierten, Hände und presste sie aneinander. Erst spielte er wie mit Puppen, die miteinander kuscheln sollen. Doch schon nach einigen Sekunden presste er die Schädel der beiden so fest aneinander, dass ihre Augäpfel hervortraten. Dieser Anblick machte ihm Spass, erzählte er. Es erheiterte ihn und liess ihn seinen eigenen Schmerz für einige Momente vergessen. Er drückte nochmals fester zu, der erste Augapfel ploppte aus der Schädelhöhle, dann folgte der zweite. Er selbst musste beim reden darüber grinsen. "Das sah vielleicht a-aus, wie die da sassen, jeder hatte ein Auge raushängen. Echt herrlicher Anblick. Danach habe ich die Kö-Köpfe wieder in etwas Abstand zueinander gebracht, um sie dann mit voller Kraft gegeneinander zu hauen. Sie zerfielen zu Matsch in meinen Händen. Überall kl-klebte B-B-Blut und Gehirnmasse an meinen Fingern, ich hatte sie entgültig getötet!" "Josh, Josh, Josh... Du bist mir schon ein richtig sympathisches Arschloch." Simmon meinte dies keinesfalls als Beleidigung, er konnte seinen noch recht neuen Freund absolut verstehen. Wenn einer die Macht des Rausches kannte, dann Simmon. "Ich glaube wir sind uns gar nicht so verschieden. Auch mich nennt man oft Monster. Nur du siehst auch aus wie eines!" Simmon verfiel in lautes Lachen. Timmez und auch Joshua teilten seine Euphorie über seinen, für ihn gelungenen, Spruch nicht. Sie schenkten sich gegenseitig kurz einen flüchtigen Blick, Timmez nickte und forderte Joshua damit stillschweigend auf Simmon zu ignorieren und fortzufahren. Nachdem er die beiden ermordet hatte, so berichtete er weiter, seien die Wachmänner gekommen. Sie traten die Tür ein und richteten ihre Waffen auf ihn. Der Anblick seiner Arbeit schockte sie aber einen kurzen Moment, diesen Moment nutzte Joshua aus. Er hetzte auf die Truppe los und versuchte sie alle möglichst schnell zu erledigen. Dem ersten durchtrennte er mit einem Chirurgenskalpell die Luftröhre, einem anderen riss er den Arm aus, einem dritten brach er mit einer Reflexbewegung das Genick und den vierten, der im Raum stand, zerdrückte er mit seiner reinen Körpermasse an der Wand. Dann betrat er den Flur. Dort warteten allerdings schon weitere Wachleute auf ihn und eröffneten sofort das Feuer. Einige Schüsse hinterliessen bloss Schmuchspuren und einen kurzen Funkenregen auf seinen Metallteilen, andere traten in sein Fleisch ein. Zwei Kugeln zerschossen ihm die Hand und zerfetzten zwei seiner Finger. Er sackte zu Boden. Er versuchte mit aller Kraft wieder aufzustehen, doch es ging nicht. Er war im Vorwege zu sehr an die Grenzen seiner neuen Macht gegangen, er beherrschte sie noch nicht. Dennoch mussten sie ihn mit sechs Mann festhalten, um ihn wegschleppen zu können. Er wurde erneut auf eine Operationsliege geschnallt, dieses Mal allerdings mit weitaus massiveren Fesseln. Sie verpassten ihm ein Beruhigungsmittel, welches nicht wirkte, doch Joshua liess sich nichts anmerken und tat so, als würde die Droge ihren Zweck erfüllen. Er bekam eine zweite Spritze und ihm wurde schwarz vor Augen.

"Als ich meine Augen wieder ein Stück weit öffnen konnte, erblickte ich was sie mit mir taten. Einen meiner fehlenden Finger hatten sie bereits durch ein Me-Mechanisches Pendant ersetzt, den zweiten wollten sie gerade anoperieren. Ich muss euch sagen, ich hasse diese Teile. M-m-meine anderen Roboterteile sind mir schon ein Dorn im Auge gewesen, noch mehr wollte ich einfach nicht. Ich strengte mich an, konzentrierte mich um all meine Kräfte zu sammeln. Sie durften nicht merken was ich vorhatte. Ich wusste, dass ich diese neuen Fesseln nicht öffnen konnte, doch sie hielten mich für ruhig gestellt; ihr Fehler!" "Was hast du gemacht? Konntest du dich befreien?" Timmez hatte dem gesamten Verlauf mit Spannung zugehört, er brannte darauf zu erfahren wie es weiterging.

"Befreien? Pah... Ich hatte nicht vor mich wirklich zu befreien. Es wäre unmöglich gewesen!" "Was hast du dann gemacht Josh?" Dieses Mal war es Simmon. Er schien im Verlauf der Erzählungen, wahrscheinlich fasziniert von dem Gewaltgehalt, die sie in den letzten Sätzen hervornbrachte, fast vergessen zu haben, dass er immer noch nicht an die Information gekommen war, wer sie waren. Er hatte den Gedanken scheinbar verdrängt. "Ich habe die Liege aus ihrer Verankerung gerissen. Befreien wollte ich mich nicht, nein. Aber ich w-wollte um jeden Preis verhindern, dass sie mir noch so ein künstliches Glied andrehen. Ich riss also die Liege aus ihrer Verankerung, nutze den Überraschungsmoment und drehte mich um, um sie dann rückwärts gehend gegen die Wand zu pressen. An das Geräusch von brechenden Knochen hatte ich mich ja schon fast gewöhnt, aber der Laut eines Körpers, der gerade lebendig zermatscht wird; abstossend, e-ekelhaft." Mit jedem Satz den er sprach stieg nicht nur das Interesse von Simmon an dem Fortlauf der Geschichte, nein Joshua begann sich an das Sprechen zu gewöhnen. Sein Stottern war fast völlig verschwunden und auch sein Grunzen nahm ab. Zwar war es jedem seiner Laute noch immer eindeutig vernehmbar unterlegt, aber bei Weitem nicht mehr in dem Ausmass, wie es zu Beginn der Erzählung noch war.

Im weiteren Verlauf des Berichtes erklärte Joshua, warum sie ihn nicht getötet hatten. Sie hatten gemerkt, dass er immun gegen die Wirkung der Beruhigungsmittel war. "Also entschieden sie sich in in eine Zelle zu sperren, damit ich dort vor mich hinvegetiere und den anderen später zu Übungszwecken als 'Spielpartner' dienen könnte. So habe ich erstmals erfahren, dass ich nicht das einzige Versuchsobjekt dieser Art war. Sie brachten mich also in den Zellentrakt im Seitenflur." "Wir haben einen Zellentrakt gesehen, abgehend vom Flur welcher an den Flur grenzt, in dem wir dich getroffen haben." "Und das ist der Seitenflur!" Bestätigte Joshua Simmons Vermutung, dass sie über die selben Zellen redeten. "Seitenflur? Ich hatte es anfänglich für den Hauptflur gehalten..." Doch seit dem war einige Zeit vergangen, sie hatten seit dem Einiges gesehen, was sie in ihren Befürchtungen, dieses Gebäude sei kein Bunker bestätigte. "Es ist ein kleiner Nebenflur. Das Gebäude ist gross, ich weiss nicht wie gross genau, aber es ist gross!" Joshua hatte den beiden schon vorher erzählt, dass er auch nicht wusste, wo sich ein Ausgang aus diesem Kosntrukt befinden würde, er selber hatte noch keinen entdeckt. "Ich befand mich alleine auf dem Flur, es kam keiner vorbei um nach mir zu sehen. Sie überliessen mich meinem Schicksal. Doch dass Schicksal liess mich nicht im stich." Er machte eine kurze Pause. So sehr er sich an das Sprechen auch gewöhnt hatte und fast wieder vollständig menschlich klang, so sehr strengte es ihn immer noch an zu reden. "Es gab wohl irgendwo einen Vorfall im Labortrakt, der Sicherhietsrechner muss in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Jedenfalls wurde die Notentriegelung der Zellen aktiv und ich konnte mein Gefängnis verlassen. Ich hörte heftige Schreie, Schreie und Schüsse. Es mussten auch andere Mutanten entkommen sein. Da ich aber der einzige im Zellentrakt war, mussten die Experimente bei den anderen erfolgreich verlaufen sein. Sie waren also allesamt bösartig!" Er schloss seinen Bericht damit ab, dass er nicht genau sagen kann, wie lange er sich verdeckt gehalten hat und einfach nichts anderes getan hat als zu warten. Er wartete wohl mehrere Tage, so lange, dass er nur noch vereinzelnd Schreie oder Schüsse hören konnte. Danach ist er aus seinem Versteck, jenem Ruheraum, indem Simmon Timmez zu Beginn ihres Bunkerbesuches versorgt hatte, in die Ungewissheit getreten, die Ungewissheit, wer oder was genau ihn erwarten würde. "Jetzt habe ich aber keine Kraft mehr weiter zu erzählen. Bei Zeiten gerne, doch gönnt mir eine Pause!" "Wir sollten uns sowieso so langsam auf dem Weg machen. Zeit für Gespräche ist später immer noch vorhanden." Simmon stimmte dem gutmütigen Mutanten zu, es war für den Moment genug geredet worden.

Sie packten sich einige haltbare Lebensmittel in ihre Rucksäcke, verbanden die Wunden mit neuem Mull und brachen auf. Ihr Weg führte sie über einen dunklen Flur, welcher nicht beleuchtet war, so dass lediglich der Schein der Fackel, welche Simmon in seiner Hand hielt, die Dunkelheit etwas zurückwarf. In einem abgehenden Raum stockte ihnen erneut der Atem; eine Leiche lag auf dem Boden, doch schlimmer zugerichtet, als die anderen, die sie bisher gesehen hatten.

Es war die Leiche eines normalen Menschen, vielleicht einer der Mitarbeiter in diesem abartigem Versuchslabor. Der Unterkörper fehlte, zumindest befand er sich nicht mit in dem Raum, die Schädeldecke lag offen und das Gehirn des Mannes, anhand der Brust konnten sie sein Geschlecht ausmachen, war aus dem Schädel extrahiert und angenagt worden. Überall auf dem Boden verstreut lagen die Eingeweide des Mannes, teilweise noch halb mit dem Torso verbunden. Die Augen des Toten waren weit aufgerissen, man konnte den Schrecken, der ihm begegnet war, darin noch immer ablesen. Es muss schnell gegangen sein, denn der Mann hatte in seiner linken Hand einen Füllfederhalter und in der rechten ein paar Pergamentblätter. Wäre es ein langsamer Tod gewesen, so hätte er die Dinge sicher fallen gelassen. Simmon liess sich neben dem Mann nieder, seine Stiefel wateten in einem Meer aus Blut und zerquetschten Eingeweiden. Er entwede der Leiche die Pergamente und schrie erschrocken auf: "Ach du Scheisse!" "Was?" Fragten Timmez und Joshua fast gleichzeitig. "Unser Toter hier ist..." Er schluckte schwer. "Unser Toter hier ist die gleiche Person, von der die anderen Pergamente stammen! Ich erkenne die Handschrift." Timmez reagierte ebenso geschockt wie Simmon: "Wie? Ich dachte er wollte sich nach Draussen begeben." "Er hat wohl auch keinen Ausgang gefunden. Vielleicht gibt es ja wirklich keinen." Die Hoffnung, diesem dämonischen Gebäude zu entrinnen, sank nun mehr unmittelbar auf einen weiteren Tiefpunkt. "Es muss ihn geben!" Timmez war es, der versuchte sich selbst und auch den anderen etwas Mut zurück zu geben. "Es muss ihn einfach geben!" "Timmez, zünde mal die Fackel da drüben an, ich muss einfach wissen, was unser Psychopath wieder geschrieben hat." Timmez wendete sich der Fackel an der Wand zu und entflammte sie. Simmon gab die andere Fackel, welche er noch in der Hand hielt Joshua und begann laut vorzulesen, was auf den Papieren geschrieben stand:

"Seit drei Tagen irre ich nun hier unten in diesen von Gott verfluchten Verliessen umher. Die Luke über die ich eingestiegen bin, ist nur von Aussen zu öffnen, ein Ausstieg ist darüber ohne Einwirkung von Draussen nicht möglich."

"Ha, er hat es also auch gemerkt!" Bei all der gedrückten Stimmung, hat Simmon sich seinen Sarkasmus bewahrt.

"Die stimmen in meinem Kopf werden zunehmend lauter. Am Anfang war es noch ein Flüstern, ein Wind in meinem Inneren, der kaum verständliche Worte sprach. Mit der Zeit wurde es schlimmer, ich begann Menschen zu hören, die nicht da waren. Sah Bilder meiner Vergangenheit, verschwommen, zu einem See aus Depressionen. Diese Stimmen und die Bilder vermischten sich zu einem frustrierenden Dämon, der in meinem Kopf wütet. Dann habe ich angefangen die Toten zu hören. Ihre rasselnden Lungen, verflucht, fuck! Warum ich? Warum passiert immer mir so eine Scheisse? Ich suchte doch nur Schutz... Schutz, mehr wollte ich nicht. Schutz für ein paar Stunden, um dann mit neuen Kräften nach Draussen zu gehen. Doch Fehlanzeige, Scheisse verdammte. Haltet doch mal für einen Moment die Fresse, ihr Teufel in meinem Schädel. Was wollt ihr von mir? Macht es euch geil, mich in den Wahnsinn zu treiben? Ja, ich glaube das tut es. Das ganze hier unten scheint eine Art Labor zu sein, zumindest habe ich Forschungsräume entdeckt. Aber es gibt auch Operationsräume. Keine Ahnung was das hier für ein Gebäude ist, und ich will es auch nicht wissen... Jetzt haltet doch mal die Fresse! Dieser Lärm, diese Bilder... Wie lange steh ich das noch durch? Es hat alles erst hier unten angefangen. Diese Scheisse hat erst hier unten angefangen! Was zur Hölle geht mit mir vor? Wie..."

Der Schreiber musste ganz plötzlich seine Aufzeichnung unterbrochen haben, denn die Linie des letzten Buchstabens des Absatzes war schnell zur Seite weggezogen worden und der Satz nicht vollendet. Im zweiten Absatz hatte die Handschrift etwas hektisches, sie wahr nicht mehr so sauber, wie zu Beginn.

"Ich dachte eben da war Etwas. Ich habe ein Geräusch gehört, ein Geräusch wie von Schritten. Das Klopfen von Füssen auf Boden, rythmisches Klopfen. Aber auf dem Flur ist niemand. Wahrscheinlich hat mir mein Gehirn bloss wieder einen Streich gespielt. Ich kann sowieso kaum noch unterscheiden, was real und was bloss in meinem Kopf ist. Es ist der pure Horror. Wo war ich? Ach ja... Seit drei Tagen irre ich umher, zumindest glaube ich das. Meine Uhr hat bereits am ersten Tag hier unten ihren Geist aufgegeben. Am dritten Tag, also gestern, habe ich Nahrung gefunden. Essen, endlich Essen! Es ist kein schönes Erlebnis zwei Tage ohne auch nur die geringste Nahrung auszukommen! Ich bin schon fast der Versuchung nachgegangen die Leichen, welche ich hier unten entdeckt habe zu verspeisen. Fast! Doch der Ekel konnte mich gerade noch so davon abhalten. Diese Leichen, irgendetwas stimmt mit ihnen nicht. Ich weiss nicht, ob die Geister in meinem Kopf mir wieder einmal Trugbilder vorgesetzt haben, doch ich habe es gesehen: Mutationen, grässliche Mutationen. Ich weiss nicht, ob sie alle tot sind. Vielleicht streift irgend so ein Mutantenvieh ja auch noch hier unten umher. Nur darauf versessen mich zu töten. Verfluchte Scheisse, fuck! Warum immer ich? Ich will doch nur leben, ich will doch nur hier raus und leben! Ich will das die Stimmen schweigen und ich endlich wieder ruhig atmen kann, ruhig denken kann, ich will leben! Ich weiss nicht, was mich Draussen erwartet, aber es kann nur besser sein, als dieser verfickte Scheiss hier unten."

Simmon stockte kurz, er erinnerte sich an seine Gedanken über den Autor des Textes, als er die ersten Pergamente gelesen hatte. Er hielt ihn noch immer für verrückt, aber nach allem was er inzwischen in dem Bunker, oder was auch immer es war, gesehen hatte, konnte er allmählich verstehen, wieso dieser Typ so nahe dem Wahnsinn war. Er überlegte, wie es ihm wohl ergangen wäre, wenn er die Zeit über, die er nun schon hier unten war, ganz alleine gewesen wäre. Er war froh, dass Timmez da war. Und auch über die Anwesenheit von Joshua war er froh. Zwar hatte er immer noch eine gewisse Abneigung gegen den Mutanten, dies lag aber einfach an seiner defomierten Gestalt. In erster Linie, konnten sie Joshua gebrauchen, dachte er. Es gab noch andere Mutanten. Wenn Joshua recht hatte, waren sie teilweise noch am Leben und extrem gewalttätig. Was hätten sie einem solchen Monster entgegen zu setzen, wenn nicht ebenfalls ein Monster? Er behandelte Joshua freundlich, doch diese Freundlichkeit war zu einem Grossteil einfach auf den Zustand zurückzuführen, dass der Mutant im ernstfall ein brauchbarer Verbündeter wäre. Der Anblick der Leiche zu seinen Füssen, bestätigte den Eindruck, dass er alleine mit Timmez einem solchen Wesen niemals gewachsen sein würde. Er blickte sich um und bemerkte, dass seine beiden Begleiter gespannt auf ihn starrten. Sie erwarteten wohl, dass er jeden Moment fortfahren würde, mit der Vorlesung.

"Sag mal, seit ihr bescheuert? Seit ihr beiden Hohlköpfe vollkommen schwachsinnig?" "Was...?" Timmez wusste nicht, was sein ehemaliger Truppenführer von ihm wollte. "Ist einer von euch mal auf die Idee gekommen, dass es wichtiger ist Wache zu halten, als mich anzustarren, während ich lese?" Nein, keiner von ihnen war auf diese Idee gekommen. "Was immer diesen Kerl so zugerichtet hat, könnte noch in der Nähe sein! Also bewegt eure Ärsche vor die Tür und haltet Ausschau!" Sie wagten es nicht, ihm in dem Zustand, in dem er sich befand, zu widersprechen und traten vor die Tür. Man konnte ihrem Blick entnehmen, dass sie dies mit grossem Widerwillen taten, doch sie befolgten seinen Befehl. Er vergewisserte sich, dass sie auch wirklich in den Flur sahen und sich nicht wieder in seine Richtung drehten, dann las er auf dem nächsten Pergament weiter:

"Vierter Tag: Was zur Hölle haben sie hier gemacht? Experimente, scheiss Experimente. Warum muss die Wissenschaft immer alles ausprobieren, was theoretisch möglich ist? Jetzt haltet endlich die Fresse! Scheiss Stimmen, scheiss Bilder! Scheiss Wissenschaft! Heute habe ich Aufzeichnungen eines dieser angeblichen Pioniere auf dem Forschungsgebiet entdeckt; Dr. Snider. Sie haben sich Menschen gekrallt, normale Menschen... Sie haben ihnen Flüssigkeiten zum Muskelaufbau injiziert, haben ihnen Willensblocker eingeführt, haben sie umgebaut... Sie haben an ihnen rumgebastelt. Sie haben Menschen mit Robotern gekreuzt, Mutanten mit Robotern... Meine Sinne hatten mich gestern also nicht getäuscht! Das ganze war für sie wie ein Spiel, ein teuflisches Spiel. Ein Modellbaukasten der Hölle! Über 100 Menschen sind bei den Versuchen drauf gegangen, bevor sie es geschafft haben Einen vollständig umzubauen. Wie Tiere haben sie sie gezüchtet und auch behandelt. Schocktherapien, um sie sich gefügig zu machen. Ein Serum um den Rückgang der Gehirnaktivität einzuleiten. Sie wollten sich Soldaten erschaffen, die keine Angst kennen, keinen Schmerz. Sie wollten eine Gradwanderung gehen, zwischen Kontrolle der Mutanten und Unkontrollierbarkeit Derselben. Sie haben es nicht geschafft. Irgendetwas ist schief gegangen. Es gab eine Explosion im Energiereaktor und die Stromversorgung fiel kurzzeitig aus und einige der Kreaturen sind entlaufen. Die Notstromversorgung hat sich zwar kurz darauf eingeschaltet, aber dann soll hier die Hölle ausgebrochen sein. Er umschreibt, dass er einige seiner Kollegen tot aufgefunden hat. Halb aufgefressen. Was müssen das für Monster sein, die sie erschaffen haben? Oh mein Gott, dieser Schmerz! Diese unerträglichen Kopfschmerzen. Warum können die Stimmen nicht einfach schweigen? Seit leise! Haltet die Schnauze! Mir wird schwarz vor Augen. Ich muss meinen Bericht unterbrechen."

Scheinbar kam der Mann nicht mehr dazu seine Aufzeichnungen fortzuführen, denn dies war das letzte Blatt gewesen, welches von seiner Hand beschrieben worden war. Es befanden sich aber auch noch andere Blätter in dem Stapel; besagte Aufzeichnungen des Dr. Snider. Simmon hatte noch nichts neues Erfahren, die in dem bisherigen Text enthaltenen Informationen gaben lediglich das wieder, was Joshua ihnen schon berichtet oder was sie schon mit eigenen Augen gesehen hatten. Er erhoffte sich aus dem Bericht des Doktors nun endlich weitere Informationen zu bekommen.

Als ob Timmez seine Gedanken lesen könnte, fragte er: "Und, ist diese Aufzeichnung dieses Wissenschaftlers auch dabei?" "Jepp." Antwortete Simmon kurz und begann sogleich daraus vorzutragen:

"11. November 12:09 Uhr. Aufzeichnung von Dr. Jack Snider. Die Experimente geraten ausser Kontrolle, einige der Mutanten sind entkommen, ich vermag nicht zu sagen wie viele von ihnen. Es gab eine Detonation im Reaktorkern der Hauptenergieversorgung. Wahrscheinlich hat Fred sie einfach wieder einmal durch seine Elektroschocks überlastet. Nachdem der Notreaktor angesprungen ist, konnte ich über die Überwachungsmonitore sehen, was es für Auswirkungen hatte. Mindestens acht der Mutanten sind über einen grossteil meiner Kollegen hergefallen. Sie haben ihnen Fleischstücke aus dem Körper gebissen und ihre Körper einfach auseinander gerissen. Professor Marshall meint, wir würden das wieder unter Kontrolle bekommen, wenn wir den Sektor A abschotten würden. Doch in diesem Sektor waren noch einige meiner Kollegen, ich konnte sie doch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Ich begab mich also mit einem Trupp Wachleuten in Richtung Sektor A. Doch bereits auf dem Flur in diesem Sektor sah ich viele meiner Kollegen tot vor mir liegen. Angenagt, halb aufgefressen. Wir entschlossen uns also doch den Sektor hermetisch zu veriegeln. Nur bin ich mir nicht sicher, ob wir das Problem damit in den Griff bekommen haben, denn wer weiss, ob nicht schon welche von diesen Kreaturen ausserhalb von Sektor A gelangt sind? Zur Zeit ist es hier jedenfalls ruhig. Über die Monitore konnte ich nach der Veriegelung noch eine Weile sehen, wie die letzten Überlebenden dahingestreckt wurden. Dann entschied ich mich das Gas einströmen zu lassen. Nachdem wir nun über die Monitore und die Bewegungsmelder keine Aktivitäten mehr vernehmen, hat Marshall befohlen die Verriegelung aufzuheben. Ich bin mir nicht sicher, ob dies eine gute Idee ist, aber ich habe den Befehl auszuführen. Ich bin mir nich mal sicher, ob es jemals eine gute Idee war diese Mutanten heranzuzüchten. Wir haben illegal Menschen entführt und sie vollgepumpumt mit Muskelaufbausekreten, Willensblockern und Betäubungsmitteln. Nun mussten wir bereits einen hohen Preis dafür bezahlen und ich kann nicht mit Gwissheit sagen, dass es schon vorbei ist. Ende der Aufzeichnung."

"Wie das ist alles?" Timmez war nicht gerade zufrieden mit den Informationen, die er erhalten hatte. "Halt die Fresse!" Simmon blaffte ihn an. "Es geht noch weiter, hier sind noch zwei Berichte."

"11. November 13:41 Uhr. Aufzeichnung von Dr. Jack Snider. Die Entriegelung des Sektor A war in der Tat keine weise Entscheidung gewesen. Zwei der Mutanten waren noch am Leben und sind entkommen. Die meisten Kameras sind zerstört, so dass ich nicht sagen kann, wo sie sich gerade befinden. Komisch ist, dass die Bewegungsmelder keine Aktivitäten verzeichnen. Wieso schlagen die Dinger nicht aus? Die müssen bei dem Reaktorcrash was abbekommen haben. Jedenfalls ist jetzt fast das gesamte Aufgebot der Wachleute auf der Jagd nach den Monstern. Monster, die wir selbst erschaffen haben. Ich hoffe sie erwischen sie. Ende der Aufzeichnung."

"Diese Idioten, erst erschaffen sie solche Kreaturen und dann lassen sie sie auch noch entwischen." Simmon bemühte sich spöttisch zu klingen, doch dies gelang ihm nich gänzlich. Seine Unsicherheit und Angst schwang einfach mit.

"12. November 10:13 Uhr. Aufzeichnung von Dr. Jack Snider. Hier ist die Hölle los! Fast alle Wachleute sind tot. Es gab einen zweiten Reaktocrash und so ziemlich alle Mutanten laufen nun frei auf den Gängen umher. Durch den totalen Zusammenbruch des Sicherheitssystems lassen sich die Sektoren nicht mehr abriegeln. Die Schottentüren nach Draussen haben sich automatisch verriegelt, es gibt keinen Ausweg. Ich habe mich in meinem Büro eingeschlossen, doch ich weiss sie warten da draussen auf mich. Sie klopfen nun schon an die Metalltür. Grässlich. Ich höre ihr Stöhnen und Grunzen, ich spüre fast ihren Atem. Ich werde mir lieber selbst das Leben nehmen, als mich von diesen Monstern zerfleischen zu lassen. Ich habe die Pistole breits in der Hand! Sollte es nach der ganzen Katastrophe Überlebende geben, die es irgendwie schaffen das Sicherheitssystem wieder zum laufen zu kriegen, so sagt meiner Frau und meinen Kindern, dass ich sie liebe! Geht zum Sektor F in die Maschinenhalle, dort befindet sich der Hauptreaktor für das Sicherheitssystem. Viel Glück. Ende der Aufzeichnung."

"Es gibt also einen Ausweg?!" Timmez Augen strahlten. Simmon und Joshua hingegen wirkten bedrückt. Ja, in der Tat war den Aufzeichnungen die Rede von Schottentüren nach Draussen. Doch den Teil, in dem von der automatischen Verriegelung dieser Türen die Rede ist, schien Timmez nicht gehört zu haben.

Sie mussten sich also zum Sektor F begeben, doch wo zur Hölle war dieser? Ihnen blieb also nicht viel Auswahl; sie mussten wie bisher weiter umherstreifen und Ausschau halten. Eine Maschinenhalle würden sie nicht so leicht übersehen, da waren sie sich sicher.

Sie machten sich also erneut auf. Ihr Weg führte sie immer tiefer unter die Erde, zumindest war dies immer noch ihr subjektiver Eindruck. Der nicht enden wollende Flur machte eine Biegung nach links, von hier aus schien es wieder etwas bergauf zu gehen. Eine flackernde Beleuchtung tauchte diesen Teil des Ganges in ein wechselndes Licht- und Schattenspiel. Plötzlich, von einem Augenblick zum nächstem, wurden kurz vor ihnen eine Tür aus der Verankerung gestossen und ihnen stellte sich ein Mutant entgegen.

Geistesgegenwertig eröffnete Simmon sogleich das Feuer. Zwei Schüsse trafen die Kreatur, doch sie war flink. Schnell wich sie den meisten Geschossen aus und kam fast springend auf sie zu. Timmez fiel vor Schreck rückwärts und landete auf den Knien. Seine Lippen bewegten sich und er schien eine Art Gebet zu murmeln. Seine Augen hatte er geschlossen. Während die Kreatur noch immer auf sie zu hechtete, trat ihr Joshua entgegen. Im direkten Vergleich überragte der Angreifer den ihnen bekannten freundlichen Mutanten nochmal um fast einen halben Meter. Die beiden Monster verketten sich ineinander und ein harter Kampf entbrannte. Der fremde Mutant griff Joshua im Genick und versuchte ihm dieses zu brechen. Joshua krallte währenddessen seine Metallfinger in die Augenhöhlen des Angreifers. Beide schrien laut auf und Joshau verfiel seit längerem zum ersten Mal wieder in seine Grunzlaute. Die beiden Wilden Bestien lieferten sich ein Gefecht, bei dem klar war, dass es nur einer von ihnen überleben würde. Eine ganze Zeit lang sah es so aus, als hätte Joshua die Oberhand in diesem Kampf der Titanen. Doch dann griff der halb blinde Angreifer Joshua am rechten Oberarm und schleuderte ihn gegen die Wand. Ein blutroter Fleck zeichnete die Delle, die das Gewicht des gutmütigen Wesens beim Aufprall in die Wand geschlagen hatte. Ein schmerzhafter Aufschrei entwich seinem Mund. Der Angreifer hämmerte permanent mit gewaltigen Schlägen auf Joshua ein. Dieser blutete nun an vielen Stellen seines Körpers. Joshua glitt an der Wand zu boden und verlor das Bewusstsein. Er war am Leben, doch schwer angeschlagen.

Der angreifende Mutant richtete nun seinen Blick auf Simmon und Timmez. Simmon eröffnete sofort erneut das Feuer. Doch nach einigen schnellen Schüssen, denen der Angreifer dieses Mal nicht so einfach ausweichen konnte, hatte Simmons Gewehr Ladehemmungen. Ein Klicken, verriet ihm, dass er quasi chancenlos einem ümermächtigen Feind gegenüberstand. Die Kreatur hatte zwar einige Treffer eingesteckt, doch sie war zäh. Ihre Atmung war schwerer geworden, was zeigte, dass sie nicht gänzlich ohne Schmerz dastand, doch sie wirkte kaum beeinträchtigt in ihrer Massiven Gewalt. Ihr Augenlicht war, durch das Eindrücken der Augäpfel durch joshua, fast zur Gänze verblasst. Sie schnupperte, nahm Witterung auf. Simmon versuchte die Ladehemmungen seiner Waffe in den Griff zu bekommen. Timmez kniete noch immer auf dem Boden und schien sich von seinem Leben zu verabschieden. "Timmez!" Simmon versuchte ihn aus seinem Trancezustand zu wecken. "Feuer auf das Biest!" Doch sein Kollege reagierte nicht. Er hatte resigniert, sah keine Gewinnchance bei diesem Zusammentreffen. Simmon sprang mit einem Hechtsprung hinter Timmez, ergriff dessen Waffe und feuerte, hinter seinem Kumpanen stehend, auf den Mutanten. Dieser sprang mit einem Satz auf die beiden Menschen zu und Simmon konnte diesem Angriff nur haarscharf ausweichen. Der Mutant kam direkt hinter Timmez zum stehen und schnupperte erneut in der Luft. Er blickte in Simmons Richtung, schwenkte seinen Kopf dann aber herab auf Timmez. Schlagartig wurde Simmon bewusst, dass er es nicht auf ihn selbst, sondern auf seinen Begleiter abgesehen hatte. Diese Kreatur war ein Raubtier. Sie musste das eingetrocknete Blut von Timmez Wunden gerochen haben. Simmon verfeuerte das gesamte Magazin aus Timmez Waffe in den Rücken der Bestie. Einige Kugeln prallten mit einem metallischen 'Pling' ab, andere bohrten sich tief ins Fleisch. Stoppen konnte er die Kreatur jedoch nicht. Der Mutant packte Timmez am Kopf und hob ihn mühelos daran in die Höhe. Seine Beine baumelten einen guten Meter über dem Boden, seine Augen hielt er noch immer geschlossen. Die Zähne des Mutanten bohrten sich tief in die Schulter seines Opfers und er riss Timmez ein grosses Stück Fleisch raus. Timmez schrie wie verrückt.

Plötzlich packte eine krallenartige Hand den Angreifer und schleuderte ihn nach hinten. Es war Joshua, welcher sich wieder aufgerappelt hatte. Der Feind erkannte die Lage und warf Timmez gegen die Wand, wo dieser fast leblos zu Boden ging. Eine Blutspur verband die Stelle, an der gegen die Wand klatschte mit der Stelle an der er nun zusammengekauert, vor Schmerzen schreiend und heulend hockte. Sein Oberteil war mit Blut getränkt und aus seiner Schulter ergoss sich roter Lebenssaft. Während Joshua und das andere Monster sich also weiter ihrem Kampf auf Leben und Tot widmeten, ergriff Simmon erneut seine Waffe. Nach einigen Herumgefummle konnte er ein neues Magazin durchladen und versuchte nun den feindlichen Mutanten anzuvisieren. Doch das Gerangel der beiden Kreaturen gab kein sauberes Schussfeld frei, zu gross war das Risiko Joshua zu treffen. Er wartete auf seinen Moment. Und der liess nicht lange auf sich warten; Joshua trat dem Angreifer in die Beine, so dass dieser ins Schwanken kam, aber gleichzeitig holte der bösartige Mutant zu einem schweren Schlag aus. Der Schlag ging ins Leere, da Joshua all seine Kräfte sammelte und dem Hieb blitzschnell mit einer Drehbewegung auswich, die ihn in den Rücken des Angreifers bugsierte. Nun trat er dem Vieh mit voller Wucht in die Kniekehle, der Feind sank in die Hocke. Joshua hielt ihm von hinten am Kopf fest und schrie Simmon zu: "Jetzt!" Simmon feuerte gezielte Schüsse auf Kopf und Herz des Monsters ab. Dieses wand sich unter der Klammerung Joshuas und den eindringenden Gewehrkugeln, doch es hatte keine Chance mehr. Sein Todesurteil war unterzeichnet. Ein paar Schüsse, Schreie und Grunzer später sank der Körper leblos zu Boden.

Das einzige was jetzt noch die Stille durchbrach war das Gewimmer von Timmez. "Timmez!" Simmon wendete sich seinem Gefolgsmann zu. "Ach du Scheisse, das sieht übel aus." Timmez spuckte Blut, begann dann zu sprechen und bemühte sich locker zu klingen: "Ach, das ist nur ein Kratzer!" Er zwang sich ein Lächeln auf die Lippen, welches aber einwandfrei gelogen rüberkam. "Wir müssen dich hier wegschaffen, wer weiss wie viele von den Viechern noch hier sind?! Und Josh braucht auch Versorgung." Joshua war in der Tat sehr mitgenommen. Zwar verheilten seine Wunden bedeutend schneller, als die von normalen Menschen, doch sein Körper war arg in Mitleidenschaft gezogen worden. "Josh. Kannst du Timmez tragen?" Gerade wollte Joshua seinen Begleiter auf den Arm nehmen, da vernahmen sie bedrohliche Geräusche. Sie hörten Schritte, schnelle Schritte. Ihr verdacht bestätigte sich, als sich zu den Schritten ein lautes Stöhnen und Grunzen mischte. Es waren aber definitiv die Geräusche von mehrere Mutanten! Josh wollte sich beeilen und versuchte, unsanfter als es sonst seine Art ist, Timmez hochzuheben. Joshua schrie vor Schmerzen auf. Auch in seinem Körper waren einige Knochen gebrochen und der Kampf hatte ihn einige Kraft gekostet, so dass es ihm nicht auf die Schnelle gelang Timmez anzuheben. Simmon wollte unterstützend zu Hilfe eilen, doch Timmez rief ihn zurück: "Nein! Es hat keinen Sinn! Joshua hat schon genug mit seinen eigenen Verletzungen zu tun und du kannst mich auch nicht tragen. Lauft, lauft weg. Lasst mich zurück, mir ist sowieso nicht mehr zu helfen. Ich glaube ich habe mir das Rückgrat gebrochen." "A-A-Aber." Joshua wollte ihn nicht zurücklassen. "Lauft! Lauft um euer Leben, noch einen Kampf könnt ihr nicht gewinnen!" Sie wussten, dass er recht hatte. Würden sie bei ihm bleiben, so wäre dies ihr Tot, würden sie ihn mitnehmen, so würden sie nur sehr langsam vorankommen und bald eingeholt werden. Sie mussten ihn liegen lassen. Tränen schossen in Joshuas Augen und auch Simmon räusperte sich traurig. Nun hatte ihr Freund Timmez noch eine letzte Bitte: "Gebt mir eine Waffe, ich halte sie auf so lange ich kann." Simmon reichte Timmez seine Waffe, nachdem er sie neu geladen hatte. "Und nun lauft!" Sie wendeten sich von ihrem Kameraden ab und liefen den Gang zurück. Als sie um die Ecke gebogen waren, hörten sie noch immer die nahenden Schritte. Eine Musik, erzeugt durch Aufeinandertreffen von Bodenbelag, Fleisch und Metall, unterstrichen von Stöhnen, Grunzern und den Gebetsworten eines Zurückgelassenen. Die Geräusche wurden immer mehr zu einer Einheit, bis ein einziger Schuss die Stille durchbrach.

"Timmez!" Schrie Simmon, mit Tränen in den Augen. Doch sie konnten nicht umkehren, sie mussten weiter laufen, sonst würde es keiner von ihnen überleben.



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