Mindestenssechszeichen...keine Panik!

Welche Franchise ist die Beste?

14. Februar, 10:58 von Yhoko
Jeder Schweizer muss an eine Krankenkasse angeschlossen sein. Dabei gibt es nicht nur verschiedene Anbieter sondern immer auch die Wahl der "Franchise". Doch was hat es eigentlich damit auf sich und mit welcher kommt man am günstigsten weg?
Zur Abwechslung mal ein Thema, das nur Schweizer betrifft und alle anderen womöglich fasziniert: Die Krankenkassen-Grundversicherung und ihre berüchtigte "Franchise". Aber von vorne...

So ein Arztbesuch kann ganz schön teuer werden. Vom einfachen "Hallo" über den Pieks am Finger bis hin zum Medikament und der nachfolgenden Therapie kann da einiges zusammenkommen. Aber keine Sorge, denn überall heisst es: "Das übernimmt die Krankenkasse". Was immer der Arzt verschreibt oder anordnet, das übernimmt alles die Krankenkasse. Dann ist doch alles gut, oder? Ganz so einfach ist es freilich nicht, denn wie viel sie am Ende tatsächlich übernimmt, sieht man meist erst auf der Abrechnung. So oder so scheint diese Krankenkasse aber ein ziemlich zahlungskräftiges Trüppchen zu sein. Aber woher kommt eigentlich das ganze Geld?

"Immer, wenn jemand zahlt, zahlt ein anderer noch mehr."
(und das nicht unbedingt mit Geld)

Bei so einem System zahlen alle Bürger regelmässig ein und die Versicherung zahlt punktgenau nur dort wieder aus, wo sie eben muss. Im Falle der Krankenkassen-Grundversicherung ist es so geregelt, dass die Leistungen aller Anbieter identisch sind – nicht aber die monatlichen Prämien (Bürokratie, Marketing und Vertrieb wollen schliesslich auch bezahlt werden). Warum "alle Bürger"? Weil ein Abo bei der Krankenkasse für jeden Schweizer Pflicht ist. So steht es im Gesetz. Man kommt also nicht daran vorbei, monatlich mehrere hundert Franken Prämien abzudrücken. Und wenn man sich das nicht leisten kann? Falls das Einkommen zu niedrig ist, hilft der Staat mit der sogenannten "IPV", die man aber selbst und natürlich rechtzeitig jedes Jahr beantragen muss.

Immerhin hat man die freie Wahl, bei welcher Kasse man sich anschliessen möchte. Das kann (und sollte) man auch jedes Jahr neu überprüfen und den Anbieter bei Bedarf wechseln, da die Prämien in jeder Runde fluktuieren (zur Erinnerung: Die Leistungen sind immer identisch). Und damit kommen wir zum wichtigsten Faktor für den Nutzer: Der monatlichen Abogebühr, die hier "Prämie" genannt wird. Neben der Kassenauswahl gibt es dabei eine entscheidene Wahl zu treffen, nämlich die Höhe der Franchise (von der wiederum die Prämie abhängt). Und damit kommen wir zum Kern des Beitrags.

(Stand: 2024)

Die Versicherungen bieten 6 Optionen im Bereich von 300.- bis 2'500.- für die Franchise an. Was das bedeutet? Bis zu diesem Betrag zahlt man alles selbst, und erst wenn die (jährlich kumulierten) Arztrechnungen die Franchise übersteigen, übernimmt die Kasse tatsächlich etwas. Aber auch nicht alles, denn 10% davon muss man als "Selbstbehalt" weiterhin selbst berappen. Aber auch nur bis zu einer Deckelung von 700 Franken. Dazu kommen noch etwa 5.- Umweltabgaben monatlich. Puh, das sind doch einige Zahlen, die man im Kopf nicht wirklich einschätzen kann... Vielleicht ein kurzes Rechenbeispiel zum Nachvollziehen:

Klaus unterzeichnet einen Vertrag mit Franchise 500.- und bezahlt jeden Monat brav seine Prämien. Im Laufe des Jahres geht er dann mehrmals zum Arzt und bezieht Medikamente, die Rechnungen belaufen sich auf 200, 150 und 250 Franken, also total 600 Franken. Davon zahlt er die ersten 500.- (Höhe der Franchise) aus eigener Tasche. Die übrigen 100.- übernimmt die Kasse, verrechnet ihm davon aber noch 10% Selbstbehalt, also 10 Franken. Somit trägt Klaus am Ende des Jahres 510.- von seinen 600.- Gesundheitskosten selbst.

Plötzlich klingt "das übernimmt die Kasse" gar nicht mehr so toll, oder? Könnte man da vielleicht noch was optimieren? Auf jeden Fall! Bei einer Franchise von 300.- hätte Frank unterm Strich nur 330.- bezahlt. Aber woher hätte er das vorher wissen sollen? Mathematik, hilf!

Packt man die ganzen Zahlen in eine Formel, wird schnell klar: die einzige Variable, die man berücksichtigen muss, sind die zu erwartenden Gesundheitskosten (des kommenden Jahres), also die Summe aller Rechnungen, die angeblich die Kasse übernimmt. Liegen sie nämlich unter einem bestimmten Schwellenwert (derzeit 1'900.- im Jahr), fährt man mit der höchsten Franchise am besten, liegen sie hingegen darüber, mit der Niedrigsten. Alle Optionen dazwischen sind reine Bauernfängerei – aber irgend jemand muss ja schliesslich für die anderen bezahlen.

Grafisch lässt sich das mit folgendem Diagramm darstellen:

Krankenkassen-Franchise

Waagerecht sind die Gesundheitskosten (erhaltenen Arztrechnungen) und senkrecht dann die effektiven Ausgaben bei Jahresende (inkl. Prämien und abzgl. dessen, was die Kasse übernimmt). Spannend sind hier die beiden Kipppunkte.
  • Der Erste verdeutlicht, dass unter dem Schwellenwert die höchste Franchise (orange) die beste Wahl darstellt, dann aber schlagartig von der niedrigsten Franchise (grün) abgelöst wird. Alle anderen Franchisen liegen stets über dieser optimalen Linie (gelb) und sind daher uninteressant – ausser natürlich für die Versicherung, die daran leistungsfrei verdient.
  • Der zweite Punkt zeigt die Deckelung des Selbstbehalts, oder anders ausgedrückt: Die maximalen Ausgaben im Rahmen der Grundversicherung betragen 6'000 Franken im Jahr, egal wie hoch die Gesundheitskosten sind.
  • Es zeigt auch, dass man nicht unter 3'500 Franken im Jahr wegkommt (12 x die kleinste Prämie), selbst wenn man überhaupt keine Gesundheitskosten hat.

Wer jetzt denkt "Hey, ich habe genau 2'500.- Gesundheitskosten, also nehme ich die 2'500.- Franchise" landet leider prompt im Honigtopf. Mit dieser Strategie zahlt man derzeit rund 540.- mehr als mit der niedrigsten Franchise.
Noch schlimmer, wenn man nur 300.- Gesundheitskosten hat und die 300.- Franchise nimmt, dann zahlt man jährlich 1'440.- zu viel.

Die optimale Strategie ist also, bei niedrigen Gesundheitskosten die höchste Franchise zu wählen. Übersteigen die Kosten den Kipppunkt von 1'900 Franken im Jahr, sollte man tunlichst auf die niedrigste Franchise wechseln. Um die Schwelle auf jeden Fall zu erreichen, kann man ja auch mal alle geplanten Arzttermine im selben Jahr vereinbaren...

Zum Schluss sei nochmal erwähnt, dass es hier nur um die Grundversicherung geht. Zusatzversicherungen sind eine eigene Welt, werden oft individuell berechnet und es ist denkbar, dass man die Grundversicherung nicht wechseln kann, weil man sonst die Zusatzversicherung verlieren würde.

In diesem Sinne, bleibt gesund und bis zum nächsten Beitrag!

Yhoko

Kommentar

Deralte / 14.02.2024
Welcher BWLer im Suff hat sich denn bitte dieses System ausgedacht? Alter Schwede.

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