Khronos

Prolog

Er schloss die Schlafzimmertür ab und sah Chrissy schon auf dem Sofa sitzen. Er sah auch, dass sie nur ein paar Minuten nach seinem Gehen eingeschlafen sein würde. Victor warf ihr noch einen schwer zu deutenden Blick zu, ehe er die Wohnung verließ. Ein leises ’klick’ verriet, dass er die Wohnungstür abgeschlossen hatte.

Draußen setzte er sich in sein Auto und fuhr zum Zielort: einem äußerst schäbigen Viertel, für welches sich normalerweise niemand außer der niedrigste Abschaum interessierte. Den Brief hatte er nicht mitgenommen. Das Gesicht des Zielobjektes hatte er sich eingeprägt und mehr brauchte er auch gar nicht.
Das Licht hier in diesem Viertel war schwach und blau. Es gab nur wenige, funktionierende Straßenlampen.
Aber unter einer von ihnen stand sie.
Eine Frau mittleren Alters, rauchend, sie trug billige Kleidung, die teuer wirken sollte. Eine Nutte. Victor beobachtete sie von einer Treppe aus, als sie ihn bemerkte.

Sie drehte den Kopf, wandte ihm ihr Gesicht zu. Ihr Blick war leer, als sie versuchte, ihm ein verführerisches Lächeln zu schenken.
„Na Süßer, was kann ich für dich tun?“
Dann tat Victor einen Schritt, ohne sich zu bewegen. Während es für ihn so aussah, als würde die Zeit still stehen, ging er auf die Nutte zu. Ihr Blick klebte noch immer dort, wo er gerade gestanden hatte, ihr Lächeln wirkte unecht. Es glich einem seltsamen Gemälde, in welchem der Künstler zu großzügig mit der Farbe Blau hantiert hatte, die Haare des Pinsels waren grob.
„Sie sagen, du hilfst Mutanten dabei, an die Oberfläche zu gelangen“, sagte Victor, auch wenn es außer ihm niemand hören konnte. Er löste die Pistole aus dem Holster.
„Musst denen ja echt auf die Nerven gehen, wenn sie mich dafür schicken...“, fuhr er unbeirrt fort, während er um die Frau herum ging und ihr die Waffe mit ausgestrecktem Arm an den Hinterkopf hielt.
„Ist also nichts...“, er drückte ab und verließ diese Ebene wieder
, „... Persönliches.“

Der Schuss zerriss die eigentümliche, verschwörerische Stille. Aber noch bevor das erste Augenpaar zu der Szene um die Laterne herum schauen konnte, war Victor schon wieder verschwunden. Dort lag nur noch die Leiche der Prostituierten in ihrer eigenen, immer größer werdenden Blutlache.


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