Mindestenssechszeichen...keine Panik!

Welche Franchise ist die Beste?

14. Februar, 10:58 von Yhoko
Jeder Schweizer muss an eine Krankenkasse angeschlossen sein. Dabei gibt es nicht nur verschiedene Anbieter sondern immer auch die Wahl der "Franchise". Doch was hat es eigentlich damit auf sich und mit welcher kommt man am günstigsten weg?
Zur Abwechslung mal ein Thema, das nur Schweizer betrifft und alle anderen womöglich fasziniert: Die Krankenkassen-Grundversicherung und ihre berüchtigte "Franchise". Aber von vorne...

So ein Arztbesuch kann ganz schön teuer werden. Vom einfachen "Hallo" über den Pieks am Finger bis hin zum Medikament und der nachfolgenden Therapie kann da einiges zusammenkommen. Aber keine Sorge, denn überall heisst es: "Das übernimmt die Krankenkasse". Was immer der Arzt verschreibt oder anordnet, das übernimmt alles die Krankenkasse. Dann ist doch alles gut, oder? Ganz so einfach ist es freilich nicht, denn wie viel sie am Ende tatsächlich übernimmt, sieht man meist erst auf der Abrechnung. So oder so scheint diese Krankenkasse aber ein ziemlich zahlungskräftiges Trüppchen zu sein. Aber woher kommt eigentlich das ganze Geld?

"Immer, wenn jemand zahlt, zahlt ein anderer noch mehr."
(und das nicht unbedingt mit Geld)

Bei so einem System zahlen alle Bürger regelmässig ein und die Versicherung zahlt punktgenau nur dort wieder aus, wo sie eben muss. Im Falle der Krankenkassen-Grundversicherung ist es so geregelt, dass die Leistungen aller Anbieter identisch sind – nicht aber die monatlichen Prämien (Bürokratie, Marketing und Vertrieb wollen schliesslich auch bezahlt werden). Warum "alle Bürger"? Weil ein Abo bei der Krankenkasse für jeden Schweizer Pflicht ist. So steht es im Gesetz. Man kommt also nicht daran vorbei, monatlich mehrere hundert Franken Prämien abzudrücken. Und wenn man sich das nicht leisten kann? Falls das Einkommen zu niedrig ist, hilft der Staat mit der sogenannten "IPV", die man aber selbst und natürlich rechtzeitig jedes Jahr beantragen muss.

Immerhin hat man die freie Wahl, bei welcher Kasse man sich anschliessen möchte. Das kann (und sollte) man auch jedes Jahr neu überprüfen und den Anbieter bei Bedarf wechseln, da die Prämien in jeder Runde fluktuieren (zur Erinnerung: Die Leistungen sind immer identisch). Und damit kommen wir zum wichtigsten Faktor für den Nutzer: Der monatlichen Abogebühr, die hier "Prämie" genannt wird. Neben der Kassenauswahl gibt es dabei eine entscheidene Wahl zu treffen, nämlich die Höhe der Franchise (von der wiederum die Prämie abhängt). Und damit kommen wir zum Kern des Beitrags.

(Stand: 2024)

Die Versicherungen bieten 6 Optionen im Bereich von 300.- bis 2'500.- für die Franchise an. Was das bedeutet? Bis zu diesem Betrag zahlt man alles selbst, und erst wenn die (jährlich kumulierten) Arztrechnungen die Franchise übersteigen, übernimmt die Kasse tatsächlich etwas. Aber auch nicht alles, denn 10% davon muss man als "Selbstbehalt" weiterhin selbst berappen. Aber auch nur bis zu einer Deckelung von 700 Franken. Dazu kommen noch etwa 5.- Umweltabgaben monatlich. Puh, das sind doch einige Zahlen, die man im Kopf nicht wirklich einschätzen kann... Vielleicht ein kurzes Rechenbeispiel zum Nachvollziehen:

Klaus unterzeichnet einen Vertrag mit Franchise 500.- und bezahlt jeden Monat brav seine Prämien. Im Laufe des Jahres geht er dann mehrmals zum Arzt und bezieht Medikamente, die Rechnungen belaufen sich auf 200, 150 und 250 Franken, also total 600 Franken. Davon zahlt er die ersten 500.- (Höhe der Franchise) aus eigener Tasche. Die übrigen 100.- übernimmt die Kasse, verrechnet ihm davon aber noch 10% Selbstbehalt, also 10 Franken. Somit trägt Klaus am Ende des Jahres 510.- von seinen 600.- Gesundheitskosten selbst.

Plötzlich klingt "das übernimmt die Kasse" gar nicht mehr so toll, oder? Könnte man da vielleicht noch was optimieren? Auf jeden Fall! Bei einer Franchise von 300.- hätte Frank unterm Strich nur 330.- bezahlt. Aber woher hätte er das vorher wissen sollen? Mathematik, hilf!

Packt man die ganzen Zahlen in eine Formel, wird schnell klar: die einzige Variable, die man berücksichtigen muss, sind die zu erwartenden Gesundheitskosten (des kommenden Jahres), also die Summe aller Rechnungen, die angeblich die Kasse übernimmt. Liegen sie nämlich unter einem bestimmten Schwellenwert (derzeit 1'900.- im Jahr), fährt man mit der höchsten Franchise am besten, liegen sie hingegen darüber, mit der Niedrigsten. Alle Optionen dazwischen sind reine Bauernfängerei – aber irgend jemand muss ja schliesslich für die anderen bezahlen.

Grafisch lässt sich das mit folgendem Diagramm darstellen:

Krankenkassen-Franchise

Waagerecht sind die Gesundheitskosten (erhaltenen Arztrechnungen) und senkrecht dann die effektiven Ausgaben bei Jahresende (inkl. Prämien und abzgl. dessen, was die Kasse übernimmt). Spannend sind hier die beiden Kipppunkte.
  • Der Erste verdeutlicht, dass unter dem Schwellenwert die höchste Franchise (orange) die beste Wahl darstellt, dann aber schlagartig von der niedrigsten Franchise (grün) abgelöst wird. Alle anderen Franchisen liegen stets über dieser optimalen Linie (gelb) und sind daher uninteressant – ausser natürlich für die Versicherung, die daran leistungsfrei verdient.
  • Der zweite Punkt zeigt die Deckelung des Selbstbehalts, oder anders ausgedrückt: Die maximalen Ausgaben im Rahmen der Grundversicherung betragen 6'000 Franken im Jahr, egal wie hoch die Gesundheitskosten sind.
  • Es zeigt auch, dass man nicht unter 3'500 Franken im Jahr wegkommt (12 x die kleinste Prämie), selbst wenn man überhaupt keine Gesundheitskosten hat.

Wer jetzt denkt "Hey, ich habe genau 2'500.- Gesundheitskosten, also nehme ich die 2'500.- Franchise" landet leider prompt im Honigtopf. Mit dieser Strategie zahlt man derzeit rund 540.- mehr als mit der niedrigsten Franchise.
Noch schlimmer, wenn man nur 300.- Gesundheitskosten hat und die 300.- Franchise nimmt, dann zahlt man jährlich 1'440.- zu viel.

Die optimale Strategie ist also, bei niedrigen Gesundheitskosten die höchste Franchise zu wählen. Übersteigen die Kosten den Kipppunkt von 1'900 Franken im Jahr, sollte man tunlichst auf die niedrigste Franchise wechseln. Um die Schwelle auf jeden Fall zu erreichen, kann man ja auch mal alle geplanten Arzttermine im selben Jahr vereinbaren...

Zum Schluss sei nochmal erwähnt, dass es hier nur um die Grundversicherung geht. Zusatzversicherungen sind eine eigene Welt, werden oft individuell berechnet und es ist denkbar, dass man die Grundversicherung nicht wechseln kann, weil man sonst die Zusatzversicherung verlieren würde.

In diesem Sinne, bleibt gesund und bis zum nächsten Beitrag!

Yhoko

Vitamin LG

18. Dezember 2023 von Yhoko
Gelegentlich, meist nach einem Sci-Fi Film, werde ich gefragt, warum man denn nicht mit Lichtgeschwindigkeit (oder noch schneller) reisen kann. In diesem Artikel zeige ich das, hoffentlich gut nachvollziehbar, anhand verschiedener Ansätze auf. Da "Lichtgeschwindigkeit" ein langes Wort ist, kürze ich es hier jeweils mit "LG" ab. Ausserdem sind alle Zahlen dem Lesevergnügen zuliebe gerundet.

In der Naturwissenschaft steht normalerweise das "c" für Lichtgeschwindigkeit.

Faster Than Light


Fangen wir direkt mit einem Missverständnis an: Immer wieder wird gesagt, dass sich nichts schneller als das Licht bewegen kann – diese Aussage ist missverständlich. Licht bewegt sich zwar unter bestimmten Umständen, etwa im Vakuum, tatsächlich mit LG, aber beispielsweise sind es im Wasser lediglich 1/2 LG und in Glas sogar nur 1/3 LG. Diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten kann man sogar im Alltag ganz leicht beobachten, etwa in einem Wasserglas, wo man sie als "Lichtbrechung" bezeichnet. Im Labor lässt sich das Licht sogar auf wenige Zentimeter pro Sekunde herunterbremsen... wie will man da noch behaupten, nichts sei schneller als das Licht?
Es ist also vor allem der Name "Licht-Geschwindigkeit", der hier für Verwirrung sorgt. Worum es aber eigentlich geht ist, wie schnell sich eine beliebige Wirkung höchstens ausbreiten kann, wobei mit Wirkung jegliche Art von Veränderung gemeint ist. Treffender wäre daher der Begriff "Wirkungs-Ausbreitungs-Geschwindigkeit", auch wenn das ein bisschen umständlich klingt.

Tatsächlich werden die Photonen, die Trägerteilchen des Lichts, nicht abgebremst; sie sind immer mit LG unterwegs. Je dichter aber ein Material, desto stärker kann es das Licht behindern, indem die Atome mit den Photonen wechselwirken. Konkret werden dabei Photonen absorbiert und kurz darauf wieder emittiert, oder ihre Wege werden umgelenkt und dadurch etwas länger. Die Aussage, dass Licht abgebremst wurde, gilt also nur aus einer makroskopischen Perspektive.

Nun ein kleines Gedankenexperiment zur Wirkungs-Ausbreitung: Würde man die Sonne in dieser Sekunde einfach löschen, würden wir davon zunächst gar nichts mitbekommen. Sie wäre immer noch am Himmel zu sehen und die Erde würde auch weiterhin ihrer Kreisbahn folgen. Erst nach 8:20 Minuten wäre dann die Hölle los. Dabei möchte ich folgendes betonen: Dass die Lichtteilchen noch eine Weile unterwegs sind, mag man sich noch gut und sogar bildlich vostellen können, aber selbst die Gravitation, die gemäss Einstein eine Eigenschaft der Raumzeit selbst ist, breitet sich eben "nur" mit LG aus!

Die Distanz Sonne/Erde beträgt 150'000’000 km; teilt man diese durch die LG von 300'000 km/s ist das Ergebnis 500 s, was 8:20 Minuten entspricht.

Was man auch oft liest sind Ideen mit langen Eisenstäben, um Informationen zu übertragen, etwa von der Erde zum Mond. Dann wird an einem Ende gezogen und geschoben, um eine Botschaft zu übermitteln, die dann mit sofortiger Wirkung ankommt (während das Licht für diese Strecke fast 1.3 Sekunden benötigt). Aber da sehen wir bereits den Begriff der "Wirkung", die eben nicht sofort eintritt: während am unteren Ende gezogen wird, bekommt das obere Ende das in dieser Sekunde noch gar nicht mit. Dabei ist es egal, aus welchem Materiel der Stab besteht und wie "starr" er ist. Relativistisch gesehen gibt es nämlich überhaupt keine starren Körper. Selbst, wenn man nur schon einen Löffel anhebt, reagiert die Spitze prinzipiell ein wenig verzögert auf diese Bewegung. Zum Glück spielt das in unserem Alltag überhaupt keine Rolle, denn die Längen und Grössen um uns herum sind so klein, dass alles quasi sofort geschieht.

Nach diesen Ausführungen sollte jedenfalls klar sein, dass die LG das absolute Maximum in diesem Universum ist, denn nichts kann sich schneller bewegen als die Wirkung selbst.

Viele Sci-Fi Geschichten umgehen dieses physikalische Tempolimit mit Konzepten wie etwa der Raumkrümmung aka. Längenkontraktion. Statt also die LG zu überschreiten, komprimieren sie die Strecke von A nach B, um dann doch in kürzester Zeit zu anderen Sternen zu reisen. Oder es wird eine Raum-Zeit-Blase geschaffen, die sich durch Dehnung und Streckung des Raumes fortbewegt. Oder es gibt Wurmlöcher, die zwei Orte im Raum miteinander verbinden. Nichts davon entspricht der Realität. Sorry. Selbst Gravitationslinsen (die in der Astronomie tatsächlich genutzt werden) sind bestenfalls ein Beispiel für das Gegenteil; ein Lichtstrahl reist eine Weile durchs All, wird dann von der Gravitation abgelenkt und landet am Ende doch noch bei uns – statt den direkten Weg zu uns zu nehmen. Folgerichtig sehen wir auf diese Weise ältere Bilder ferner Galaxien, was einem Blick in die Vergangenheit entspricht. Wer also länger unterwegs sein möchte, kann gerne einen Bogen durch die nächste Gravitationslinse bzw. am nächsten schwarzen Loch vorbei fliegen.

Slower than Light


Überlichtgeschwindigkeit ist nun also abgehakt, bleibt noch alles darunter. Wie schnell bewegen wir uns denn gerade, in diesem Moment? Die richtige Antwort lautet: Mit Lichtgeschwindigkeit! ...hä? Im Sitzen? Richtig gelesen, nur dass die Bewegung in der Zeit stattfindet statt im Raum. Diese beiden Werte sind untrennbar aneinander gekoppelt; je schneller man sich im Raum bewegt, desto langsamer wird man in der Zeit und umgekehrt. Schwer vorstellbar, daher ein kleiner Ausflug zu den Sternen:

Wir bewegen uns natürlich trotzdem, und zwar umkreisen wir mit der Erde die Sonne, mit der Sonne die Milchstrasse und die wiederum bewegt sich in Richtung Andromeda – und das mit einer beachtlichen Geschwindigkeit von über 2 Mio. km/h. Das klingt nach arg viel, also wie stark bremst uns das in der Zeit ab? Etwa 1 Minute pro Jahr.

Das Problem bei der Raumfahrt sind die grossen Distanzen. Bereits zum Mars reist man mehrere Monate und zu anderen Planeten unseres Sonnensystems Jahre bis Jahrzehnte (von interstellaren Reisen, also zu anderen Sternen, brauchen wir gar nicht erst reden). So lange will niemand unterwegs sein. Bestenfalls könnte man derartigen Reisezeiten in einer Stasiskammer bzw. im Winterschlaf eingefroren überwinden, muss dann aber damit rechnen, dass alle Kontakte nach Hause für immer abreissen (und die Kammer muss auch erst noch erfunden werden). Aber hatte Einstein nicht behauptet, Zeit sei relativ? Liesse sich das irgendwie ausnutzen?

Wer sich schon ein wenig damit befasst hat, dürfte bereits von der Zeitdilatation gehört haben (Dilatation bedeutet so viel wie Dehnung oder Verlängerung). Je schneller man sich bewegt, desto schneller vergeht die Zeit um einen herum. Um also zu weit entfernten Sternen (oder in die ferne Zukunft), zu reisen, ohne dabei selbst gross zu altern, muss man nur genügend schnell unterwegs sein. Die Richtung spielt dabei übrigens keine Rolle, es geht alleine um die Geschwindigkeit, wie ich gleich noch zeigen werde.

Ist das alles nur theoretischer Unsinn? Weit gefehlt, denn bereits im Erdorbit, wo unsere Satelliten mit rund 28'000 km/h kreisen, spielen diese relativistischen Effekte eine spürbare Rolle und müssen z.B. bei GPS-Berechnungen berücksichtigt werden. Zwar ist die Zeitdilatation auf solchen Skalen nicht sonderlich gross (wir sprechen von vielleicht 15 ms im Jahr), doch liesse man sie ausser Acht, würde sich der Fehler immer weiter aufsummieren und die GPS-Ortung, die anhand hochpräziser Zeitangaben berechnet wird, läge um mehr als 10 km daneben – pro Tag! Die Zeitdilatation ist also in unserem Alltag präsent, auch wenn wir davon nichts mitkriegen. Übrigens altern die ISS-Astronauten folgerichtig auch um etwa 15 ms im Jahr langsamer als wir hier unten.

Mit folgendem Diagramm lässt sich das Phänomen der Zeitdilatation begreiflich abbilden:

Diagramm Lichtgeschwindigkeit

Wie der Bogen zeigt, bewegt man sich entweder in der Zeit, im Raum, oder etwas dazwischen, aber die Geschwindigkeit ist immer dieselbe – lediglich die Richtung ändert sich. Sich mit LG in der Zeit zu bewegen ist also recht einfach und angenehm, etwa auf dem Sofa oder im Bett. Sich mit LG im Raum zu bewegen hingegen... nun, das ist das Hauptthema dieses Beitrags und dazu kommen wir gleich.

Ganz nebenbei zeigt sich hier, warum man nicht in der Zeit zurückreisen kann: Die Geschwindigkeit im Raum wäre dann negativ, aber weniger Bewegung als Stillstand gibt es nunmal nicht (analog dazu gibt es auch keine Temperaturen unter dem absoluten Nullpunkt). Anders gesagt: Jede Bewegung "unter Null", also rückwärts, ist bloss eine gewöhnliche Bewegung ...in die andere Richtung.

Zunächst aber noch ein Beispiel: Wenn zwei Photonen (Lichtteilchen) aufeinander zufliegen, wie gross ist dann die relative Geschwindigkeit zwischen den beiden? Müsste das nicht doppelte LG sein? Leider nein. Das Diagramm bringt uns auf die richtige Spur, denn es zeigt: wenn die Photonen sich zu 100% im Raum bewegen, stehen sie in der Zeit komplett still. Was das bedeutet, hängt von der Perspektive ab. Wir als externe Beobachter sehen/messen ein Lichtteilen, dass sich mit LG von A nach B bewegt. Was man ihm aber nicht ansieht: das Photon altert nicht; es ist zeitlich eingefroren. Aus Sicht des Photons ist es entsprechend genau umgekehrt; die Welt rast mit unendlicher Geschwindigkeit daran vorbei oder anders ausgedrückt: In dem Moment, wo es losfliegt, kommt es auch schon an. Bezogen auf den Raum sieht man dabei folgenden Effekt: Die gesamte Strecke wird auf die Länge Null zusammengestaucht (dies nennt man "Längenkontraktion"). Aus Sicht des Lichts wurde also überhaupt keine Distanz zurückgelegt.

Genau diesen Effekt der Raumkrümmung (oder: Raumfaltung) machen sich Sci-Fi Autoren bei Wurmlöchern zunutze, indem zwei Bereiche im Raum zusammengezogen werden. Keine Distanz in null Zeit zurücklegen kann allerdings jeder – nur nicht so weit.

Moment, warum hiess es denn jetzt plötzlich unendliche Geschwindigkeit und nicht mehr LG? Weil das Photon in der Zeit eingefroren ist. Es bewegt sich von A nach B, ohne dass Zeit verstreicht, somit geschieht alles dazwischen im selben Augenblick, also unendlich schnell. Was gibt unendlich plus eine Zahl? Richtig, immer noch unendlich. Entsprechend ist es völlig egal, ob das entgegenkommende Photon stillsteht oder selbst mit LG unterwegs ist, und damit ist die Frage beantwortet.

Aber was, wenn die beiden Photonen wirklich zur exakt selben Zeit abreisen? Welches erwischt das andere, noch während es startet? Die Antwort hängt erneut von der Perspektive ab. Da für die Photonen selbst keine Zeit vergeht, kommen sie beide in dem Moment an, in dem das jeweils andere startet. Für einen externen Beobachter sind jedoch beide Photonen nur mit LG unterwegs und treffen sich erwartungsgemäss kurz in der Mitte.

Da für Licht keine Zeit vergeht, altert es auch nicht. Selbst Photonen, die uns von Milliarden Lichtjahren entfernten Galaxien erreichen, sind also immer noch backfrisch. Ausserdem scheint das Alter den Elementarteilchen generell nichts anzuhaben; auch die Atome, die fast so alt sind wie das Universum selbst, sehen heute noch genauso aus wie am ersten Tag. Und das ganz ohne Hautcreme.

Kommen wir nun zum eigentlichen Thema: Warum nutzt uns das alles nichts?

Grund #1: Widerstand


Warum ist es eine schlechte Idee, mit LG zu fliegen? Wer Fahrrad fährt, kennt bereits das Problem mit dem Luftwiderstand; je schneller man fährt, desto stärker muss man in die Pedale treten, um noch mehr zu beschleunigen (oder für die Autofahrer: desto mehr Leistung muss der Motor erbringen, was wiederum mehr Treibstoff verbraucht). Warum das so ist, spürt man dabei vor allem im Gesicht: Luftwiderstand. In einem Vakuum wäre die Beschleunigung tatsächlich immer gleich anstrengend, egal ob von 10 auf 15 oder von 30 auf 35 km/h (von Reibungseffekten einmal abgesehen). Als Fazit lässt sich sagen: Je schneller man sich in einem Medium bewegt, desto stärker bremst es einen aus – oder anders ausgedrückt, desto grösster ist der Gegendruck und desto dichter fühlt es sich an.

Warum das so ist, beantwortet die Trägheit. Wenn wir beide, ich und die Luftteilchen, stillstehen, haben wir kein Problem und spüren nichts voneinander. Bewege ich mich hingegen auf die stillstehenden Teilchen zu, prallt jedes einzelne auf mich drauf und bremst mich entsprechend ab – und je schneller ich dabei bin, desto mehr Teilchen erwische ich pro Sekunde, also desto stärker der Bremseffekt pro Zeiteinheit. Dabei ist es völlig egal, in welche Richtung ich mich bewege; die Luft befindet sich schliesslich überall um mich herum. Wie wäre das also, mit LG durch einen luftgefüllten Raum zu rasen? Zur Erinnerung; der Raum würde dabei vollständig zusammengestaucht und sämtliche Luftteilchen prallten gleichzeitig mit unendlicher Geschwindigkeit auf mich ein (also mit unendlich viel kinetischer Energie). Das klingt nicht sehr gesund.

Aber zum Glück wollen wir ja nicht mit LG von Zürich nach Tokio fahren (auch wenn das toll wäre), sondern durch das interstellare Medium zu anderen Sternen reisen. Dort oben gibt es keine Luft und damit ist das Problem gelöst, oder? Leider nein, denn auch wenn der Weltraum gemeinhin als Vakuum bezeichnet wird, tummeln sich dort noch immer vereinzelte Teilchen. Zugegeben, es sind nur wenige (etwa 1 Teilchen pro Kubikmeter), aber erstens klingt es immer noch sehr unangenehm, so ein einzelnes Teilchen mit unendlicher Geschwindigkeit zu erwischen, und zweitens summiert sich die Zahl der Teilchen schnell auf, wenn man einen Korridor von vielen Lichtjahren zum nächsten Stern überwinden will (zur Erinnerung: ein Lichtjahr sind fast 10 Billiarden Meter)

Könnte man die Teilchen nicht irgendwie aus dem Weg schaffen, mit Magnetfeldern oder "Schutzschilden"? Nein; denn wie weiter oben schon erklärt, legt man eine Strecke mit LG immer instantan zurück, d.h. der Raum wird auf Null zusammengestaucht und die Geschwindigkeit ist unendlich. Da bleibt einfach keine Zeit, um etwas wegzuschubsen. Selbst wenn man die Physik mal ausser Acht lässt und sich einen Schutzschild vorstellt, der die Teilchen ablenkt oder beiseite schiebt, müsste dieser ebenfalls instantan arbeiten, d.h. er müsste die Teilchen auf LG beschleunigen, damit sie rechtzeitig vom Bug wegkommen. Damit wäre am Ende vielleicht das Raumschiff gerettet, aber die Teilchen würden rundum in alle Richtungen mit LG davonfliegen und irgendwo mit unendlicher kinetischer Energie einschlagen, z.B. in den Raumhafen oder andere Raumschiffe.

Fazit: Selbst wenn es möglich wäre, Materie (wie z.B. ein Raumschiff) auf LG zu beschleunigen, würde sie im selben Moment gegen eine Wand aus kosmischen Teilchen knallen – und zwar mit maximaler Geschwindigkeit. Bei so einem Aufprall entsteht natürlich Wärme (ähnlich wie sich ein Hammer bei der Benutzung erwärmt), und da wir von unendlicher kinetischer Energie sprechen, wird auch die Wärme entsprechen gross. Mit anderen Worten: Kawumm!

Grund #2: Strahlung


Jetzt haben wir viel über Teilchen geredet und gelernt, dass sich selbst im interstellaren Medium welche befinden. Aber das ist nicht alles, denn das "Vakuum" ist auch noch mit Strahlung gefüllt, der sogenannten kosmischen Hintergrundstrahlung. Auch diese ist vergleichsweise dünn gesäät (rund 400 Photonen pro cm3) und während die materiellen Teilchen wie kleine Bremsklötze im All herumlungern, breitet sich die Strahlung dort fröhlich aus und bewirkt nicht viel, ausser es auf etwa 3 Kelvin aufzuheizen.

Ja, das All hat eine Temperatur und sie liegt bei 2.73 Grad über dem absoluten Nullpunkt – aufgrund eben dieser Hintergrundstrahlung. Sie befindet sich überall und ist dabei fast gleichmässig (isotrop) verteilt. Da der Weltraum sich fortwährend ausdehnt, wird auch die Hintergrundstrahlung immer stärker gestreckt, wodurch die Temperatur sich langsam immer mehr dem absoluten Nullpunkt annähert.

Man ahnt es vermutlich schon: Auch diese wenigen Photonen, die kaum Energie mit sich herumtragen, werden zum Problem, sobald man mit LG unterwegs ist. Der Raum wird einmal mehr zusammengestaucht, und während die Materieteilchen dabei eine Mauer bilden, verkürzt sich bei Strahlung ihre Wellenlänge. So wird aus anfangs harmloser Mikrowellenstrahlung plötzlich Infrarot (cool), dann sichtbares Licht (interessant), UV-Strahlung (klingt unangenehm), Röntgenstrahlung (Bleiplatte liegt bereit) und schliesslich hochenergetische Gammastrahlung (upps).

Ja, die kosmische Hintergrundstrahlung liegt im selben Frequenzbereich wie das, womit wir unser Essen aufwärmen. In der (danach benannten) Mikrowelle wird sie allerdings mit viel höherer Intensität erzeugt.

Nur hört es bei Gammastrahlung nicht auf. Irgendwann ist die maximale Energiedichte erreicht und es entstehen fortlaufend Teilchen/Antiteilchen-Paare, die sich gegenseitig wieder vernichten. Das klingt schon alles sehr ungesund, aber bei effektivem Erreichen der LG wird es nochmal ins Unendliche potenziert.

Grund #3: Bremsen


Wem die bisherigen Gründe zu abwegig oder zu kompliziert erschienen, für den habe ich noch etwas ganz simples auf Lager: Nämlich das Bremsen. Wie ganz am Anfang schon festgestellt, erreicht man mit LG den Zielpunkt sofort. Für Photonen (Lichtteilchen) bedeutet "Erreichen", dass sie irgendwo aufschlagen, z.B. auf unserer Haut oder in unseren Augen, und dort z.B. die Elektronen herumschubsen. Ein Raumschiff sollte hingegen eher nicht mit LG am Zielort aufschlagen. Aber wann soll man denn die Bremse ziehen? Die Reise dauert schliesslich... gar nicht; sie ist instantan. Timer kann man also schonmal vergessen. Selbst ein Distanzmesser zum Ziel würde nichts bringen, denn die Distanz beträgt... Null; der Raum ist komplett zusammengestaucht. Nicht einmal der Treibstoff könnte irgendwann leer werden, denn die gesamte Energie, um überhaupt auf LG zu kommen, müsste bereits vor diesem Punkt investiert werden (was unendlich viel wäre, aber für dieses Argument übersehen wir das mal grosszügig). Apropos Energie, zum Bremsen von LG auf Null bräuchte man natürlich nochmal exakt dieselbe Menge (also nochmal unendlich viel Treibstoff).

Wer nicht bremsen kann, bleibt lieber an Ort und Stelle stehen.

Grund #4? Zeitdilatation


Nehmen wir forschungshalber einmal an, die ganzen technischen Probleme seien gelöst und ein Raumschiff könne mit LG starten. Wohin sollte die Reise gehen? Als Neulinge in der interstellaren Raumfahrt würden wir uns wohl den allernächsten Stern aussuchen, Proxima Centauri, der sich rund 4.2 Lichtjahre von hier befindet. Für den Anfang sollte es nur ein kleiner Test werden; hin und zurück, mehr nicht. Dabei gibt es zwei Perspektiven:

Missionskamera:
Die Astronauten steigen ein und erwarten gespannt den Countdown. Sobald er 0 erreicht, flackert das Cockpit kurz auf und sie befinden sich im All um Proxima Centauri. Die Aussicht ist faszinierend und senden sofort per Funkspruch zur Erde: "Sind angekommen, machen uns jetzt auf den Rückweg!"
Sie zünden erneut den Antrieb, das Cockpit flackert auf und schon sind sie zurück auf der Erde, wo sie mit Jubel und Applaus beglückwünscht werden. Die gesamte Missionsdauer wird im Cockpit mit 5 Minuten angezeigt, daneben steht: "12'840 neue Nachrichten".
Die Missionsleitung, ihre Familien, sowie die engsten Freunde sind anwesend – und alle sehen plötzlich zehn Jahre älter aus. Die Tochter des einen Astronauten war vor dem Abflug noch 7, jetzt ist sie 16.
Die Erde hat sich in ihrer Abwesenheit 8.4 Jahre lang weitergedreht.

Heimkamera:
Die Astronauten steigen ein und erwarten gespannt den Countdown. Sobald er 0 erreicht, ist das Raumschiff verschwunden. Jubel und Applaus folgen, aber auch die Ungewissheit, ob sie es geschafft haben. Nach und nach löst sich die Menge auf und das Leben geht weiter. Tage, Wochen, Monate ziehen ins Land, ohne neue Erkenntnisse. Die Angehörigen der Astronauten schreiben täglich Nachrichten und schicken Videobotschaften, ohne dass eine Antwort zu erwarten wäre. Es bleibt nur die Hoffnung. Irgendwann ist der Start 4 Jahre und 3 Monate her und man feiert den Tag, an dem sie hoffentlich angekommen sind. Die Ungewissheit bleibt.
Das Leben geht weiter und es verstreichen weitere 4 Jahre und 3 Monate. Bis zur letzten Sekunde bleibt völlig unklar, was mit den Astronauten geschehen ist, ob sie noch leben, am Zielort ankamen, die Rückreise antreten konnten, man weiss überhaupt nichts. Und dann, auf die Sekunde genau, steht das Raumschiff plötzlich wieder da. Kurz darauf empfängt die Zentrale einen Funkspruch: "Sind angekommen, machen uns auf dem Rückweg!"

Dieses kleine Gedankenexperiment soll zeigen, wie hart die Zeitdilatation bei solchen Reisen zuschlägt. Bis Sirius und zurück wären es schon über 17 Jahre Zeitsprung und bei Vega stolze 50... da bleibt man vielleicht doch lieber gleich dort.

Wer auf Vega lebt, ist wohl oder übel Veganer.

Nochmal eine ganz andere Hausnummer wäre die Reise zur nächstgelegenen Galaxie namens Andromeda. Zwar würde das Raumschiff auch hier sofort (aus Sicht der Astronauten) ankommen, auf der Erde wären dann aber rund 2.5 Millionen Jahre vergangen. Die Heimreise kann man also getrost abschreiben.

Heisst das im Umkehrschluss, dass man nach so einer Reise ein Teleskop auf die Erde richten und die Urmenschen mit den ersten Steinwerkzeugen sehen kann? Nein, denn das Licht von der Erde reist ja ebenfalls mit LG. Man würde also nur nahtlos sehen können, wie die Leute zum geglückten Start applaudieren und dann wieder ihren Tätigkeiten nachgehen. Für die Leute auf der Erde wird es hingegen schwieriger; sie sehen für den Rest ihres Lebens einfach nur das Raumschiff mit LG davonfliegen. Erst in ferner Zukunft, nach besagten 2.5 Millionen Jahren, würden die Erdenbewohner (falls es dann noch welche gibt) die Bilder der Landung irgendwo aus Andromeda empfangen... und wie dort jemand ein Teleskop aufstellt, um sie zu beobachten.

Eine Reise zu den Sternen ist also nicht nur eine technische sondern auch eine soziale Herausforderung. Wer würde schon seine Freunde, Familie und letztendlich seine gesamte bekannte Umgebung zurückzulassen? Etwas anderes wäre es natürlich, wenn eine grosse Arche mit zehntausend Kolonisten aufbräche, um eine neue Welt zu besiedeln und sich dort ein neues Zuhause mit neuen Gesetzen, Traditionen und letztendlich auch Kulturen und Sprachen zu erschaffen.

Wer also kann überhaupt zu den Sternen reisen?

Unterlichtgeschwindigkeit


Bei all den Fantasien über hohe Geschwindigkeiten und Zeitverschiebungen muss man am Ende noch einen wichtigen Faktor berücksichtigen: den menschlichen Körper. In der Theorie mag es funktionieren, eine Sache auf LG zu beschleunigen, aber in der Praxis müssen die Kolonisten (oder zumindest trainierte Astronauten) das auch irgendwie aushalten. Es gibt nämlich Trägheit in diesem Universum und die kann man nicht abschirmen (oder "kompensieren").

Trägheit begegnet uns überall. Sie lässt die Tür knallen, wenn man ihr Schwung gibt, drückt den Fahrer in den Sitz, wenn er Gas gibt, lässt den Ball weiterfliegen, wenn er geworfen wird und lässt die Erde ganz ohne Raketeantrieb weiterhin um die Sonne kreisen. Kurz gesagt bedeutet Trägheit, dass Bewegung an sich keine Kraft benötigt sondern nur eine Bewegungsänderung (sprich: beschleunigen, abbremsen, umlenken, usw.). Rutscht einem also im Weltall der Hammer aus der Hand, fliegt er einfach immer weiter davon und man sieht ihn nie wieder. Andersherum muss man im Autositz angeschnallt sein, um bei einer plötzlichen Bremsung nicht in der Scheibe zu landen. Das ist Trägheit.

In vielen Sci-Fi Serien stehen die Leute auf der Brücke herum oder sitzen quer zur Flugrichtung, selbst wenn das Raumschiff gerade beschleunigt oder bremst. Gibt es jedoch einen Einschlag, etwa durch feindliche Raketen, stürzen sie oder fallen aus ihren Sitzen. Finde den Fehler. Übrigens verursachen Strahlenwaffen / Laser keine Trägheit.

Wie wirkt sich die Trägheit nun auf unser Raumschiff aus, das möglichst schnell von A nach B kommen will? Nun, jede Beschleunigung des Antriebs würde die Passagiere mit derselben Kraft in die Sitze drücken. Von Null auf LG fällt also schonmal weg, denn dabei wären alle (auch das Raumschiff) sofort platt. Wir müssen also auf der anderen Seite der Skala suchen und zunächst herausfinden, was ein Mensch überhaupt aushalten kann. Fündig werden wir bei den Achterbahnen und stellen fest: Bei etwa 10 G werden die meisten Menschen schon nach wenigen Sekunden ohnmächtig, weswegen die allermeisten Achterbahnen höchstens 6 G erreichen. Das "G" steht dabei für Erdanziehungskraft, wobei 2 G tatsächlich auch bedeutet, dass der eigene Körper sich doppelt so schwer wie gewohnt anfühlt.

Was im Alltag als "Gewicht" bezeichnet wird ist effektiv die Wirkung der Schwerkraft auf eine entsprechende Masse. Entfernt man sich weit genug von der Schwerkraftquelle, wird man entsprechend leichter bis schwerelos. Deshalb können Astronauten auf dem Mond mühelos mehrere Meter weit springen (oder würden auf massereicheren Planeten ziemlich plattgedrückt).

Hohe G-Kräfte haben entsprechende Auswirkungen auf unser ganzes System, insbesondere auf den Blutkreislauf und das Atmen, aber längerfristig auch auf die Muskeln und Gelenke. Tatsächlich ist es bereits bei 3 G unmöglich, aufzustehen, und es treten Sehstörungen auf. Wer schonmal in einem Passierflugzeug sass, kennt das drückende Gefühl beim Start – so fühlen sich ungefähr 1.2 G an. Will man das monatelang ertragen? Eher nicht.

Bei bemannten Raumschiffen ist man also gut beraten, möglichst nahe bei einem G zu bleiben. Das heisst, man beschleunigt die ganze Zeit mit 1 G und dreht auf halber Strecke das Raumschiff, um den Rest der Reise mit 1 G abzubremen (schliesslich muss man am Zielpunkt wieder stillstehen und nicht daran vorbeirasen). Das Schöne dabei ist, dass die Passagiere dadurch an Bord eine angenehme Schwerkraft erleben (bis auf den kurzen Unterbruch für die Drehung). Heftiges Muskeltraining wie auf der ISS fällt damit also weg.

Maschinen und Roboter könnte man allerdings etwas stärker beschleunigen, damit sie früher ankommen und am Zielort schonmal die Infrastruktur aufbauen.

Die langwierige Beschleunigung verlängert aber auch die Reisezeiten enorm. Sprachen wir weiter oben noch von sofortiger Ankunft bei Proxima Centauri (4.2 Lichtjahre entfernt), sind es mit dieser Methode schon 3.5 Jahre Reisedauer. Zu unsererer Nachbargalaxie Andromeda (2.5 Millionen Lichtjahre) wären es sogar rund 30 Jahre – das ist grausam viel, aber prinzipiell noch in einem Menschenleben machbar

Und wie lange wäre man bis zum anderen Ende des Universums unterwegs? Überraschung: Gar nicht so viel länger – es wären "nur" etwa 50 bis 60 Jahre (davon abhängig, ob man dauerhaft mit 1.2 G leben kann oder lieber bei 1 G bleibt). Der Grund dafür ist simpel: Je länger die Reisestrecke, desto länger kann das Raumschiff beschleunigen und desto näher kommt es an die LG heran. Durch die dabei entstehende Längenkontraktion fällt die zusätzliche Strecke daher immer weniger ins Gewicht. Davon ausgehend, dass wir nicht direkt ans andere Ende reisen wollen, finden sowohl interstellare als auch intergalaktische Reisen also stets in einem Rahmen von vielleicht 4 bis 40 Jahren statt – zumindest in der Theorie, denn je näher wir der LG kommen, desto stärker fallen die weiter oben genannten Gründe wieder ins Gewicht.

Unterm Strich


Raumfahrt ist und bleibt eine schwierige Angelegenheit. Zwar gibt es mit der LG eine Möglichkeit, ohne Zeitverlust das gesamte Universum zu bereisen, doch die Physik setzt uns harte Grenzen, die uns (bzw. allen materiellen Teilchen) diese Möglichkeit verwehren. Unsere einzige Chance, um überhaupt zu den Sternen zu reisen, ist eine konstante Beschleunigung, und selbst dann wird die Reisezeit noch in Jahren gemessen – wer will schon so lange auf einem Raumschiff sitzen, abgeschnitten vom Rest der Welt? Und schliesslich, selbst wenn alles hinhaut, trennt uns nach der Reise eine unüberwindbare zeitliche Barriere von der Heimat; jegliche Kommunikation wird extrem zäh bis unmöglich und selbst die grösste Entdeckung muss mit LG zur Erde zurückgefunkt werden... um dort erst Jahre später anzukommen (und die Antwort darauf lässt nochmal so lange auf sich warten).

Eine Sache noch zum Schluss: Ist das alles wahr und stimmt es, was hier steht? Natürlich nicht! In diesem Artikel werden bestimmte Annahmen getroffen, wie etwa, dass ein Raumschiff sich mit LG bewegt. Folglich ist dann die Rede von unendlich grossen Energien und Geschwindigkeiten. Das alles gibt es in der Natur freilich nicht! Es soll nur aufgezeigt werden, dass selbst unter diesen abwegigen Bedingungen zu unseren Gunsten die Lichtgeschwindigkeit unerreichbar bleibt. Einzig masselose Teilchen wie etwa Photonen (Lichtteilchen) sind so schnell im Raum unterwegs – und zwar immer; sie können gar nicht langsamer. Und letztendlich basiert das alles auf wissenschaftlichen Theorien, die heutzutage zwar auf zig Stellen nach dem Komma überprüfbar sind, aber prinzipiell jederzeit durch neue Erkenntnisse ergänzt oder gar ersetzt werden könnten.

Vielleicht können wir also doch noch eines Tages irgendwie schwarze Löcher oder andere Arten der Raumkrümmung nutzen, um elend lange Reisezeiten und möglichst auch die Zeitdilatation zu umgehen. Ich hoffe es, träume davon, glaube aber nicht daran. Bis dahin sind Sternenreisen(de) auf jeden Fall eines: unerreichbar.

Und was ist mit "Beamen" bzw. Teleportieren? Abgesehen davon, dass man nicht selbst am Zielort ankäme (sondern eine exakte Kopie), wäre der entsprechende Strahl -natürlich- nur mit LG unterwegs.

PS: Vega ist eine Sonne, kein Planet. War also nichts mit den Veganern.

Wozu eigentlich Zählpixel?

7. November 2023 von Yhoko
Vor einigen Jahren, als das WWW noch von privaten Geocities- und Beepworld-Websites überflutet war, gab es ein interessantes Phänomen: Webcounter. Jede hatte einen, oder auch mehrere. Ich selbst hatte damals einen von Goweb installiert, weil die Anmeldung unkompliziert war und mir die Darstellung der Zahlen gefiel. Anfangs waren die Dinger nur statische Bilder, später kamen auch animierte Counter oder gar solche mit Live-Update hinzu. Auf privaten Websites schmeicheln die immer wachsenden Zahlen dem Ego, bei Werbekampagnen lässt sich so der Erfolg einigermassen messen. Quasi eine erste Form der passiven „Views“, die bis heute eine massgebliche Rolle spielt – wenngleich die aktiven „Likes“ um Grössenordnungen mehr Bedeutung haben. Irgendwann stellt man jedoch fest, dass diese externen Zähler, heute besonders verbreitet als „Google Zählpixel“, nicht nur überflüssig sondern auch schädlich sind.

Wie funktioniert das eigentlich?

Man kann sich einen Webserver als Kiosk vorstellen. Der Besucher stellt sich an die Theke und bietet um eine Webseite, sagen wir „www.yhoko.com“. Der Roboter schaut kurz nach, ob diese Adresse vorhanden ist, und gibt dem Besucher die entsprechende Seite heraus. Bereits hier stellen wir fest, dass der Kiosk genau weiss, „Wer / Wann / Was“ abgerufen hat (wobei mit „wer“ die IP-Adresse und ein paar Details zum Betriebssystem gemeint sind).

Dasselbe mit einem Zählpixel. Der Besucher verlangt erneut nach einer Webseite, der Roboter schaut nach und liefert die Seite aus – auch hier sind die besagten Statistiken zu diesem Zeitpunkt schon erfasst. Doch diesmal klebt auch noch eine Wanze mit am Papier. Diese wird aktiv und übermittelt dem Mutterkonzern die genannten Angaben nach Hause, indem sie selbst kurz rüber zum Google-Kiosk funkt und ausplaudert, welche Adresse der Besucher gerade aufgerufen hat (technisch ausgedrückt: der Pixel in Form einer winzigen Grafik wird vom Google-Server geladen).

Man merkt sicherlich schon beim Lesen, dass mit dem Zählpixel nicht nur ein Doppelter Aufwand (zwei Verbindungen statt einer) sondern auch gewisse Unwägsamkeiten verbunden sind. Was, wenn der Besucher einen Werbeblocker verwendet (Wanze ist zugeklebt)? Oder wenn die Verbindung zu Google gerade unterbrochen ist (Mobilfunk, man kennt's)? Oder wenn der Besucher so schnell den nächsten Link anklickt, dass der Pixel am Ende der Seite nicht geladen wird? In jedem Fall würde dieser Aufruf der Webseite nicht mitgezählt.

Selbstverständlich fallen solche Verbindungsversuche heutzutage kaum mehr ins Gewicht und die paar „verpassten“ Aufrufe gehen in der Statistik unter – es geht mehr ums Prinzip dieser passiven Zählmethode.

Warum also Zählpixel?

Aus meiner Sicht gibt es 3 wesentliche Gründe, warum dieser Zählpixel dennoch das halbe Netz befallen:
Erstens muss man wissen, dass es auch anders geht. Gerade neue Admins kennen vielleicht nur den „Google Zählpixel“, sind zufrieden damit und schauen gar nicht erst über den Tellerrand.
Zweitens sind die Zählpixel sehr bequem in der Handhabung. In wenigen Sekunden hat man den Code integriert und schon erhält man grafische Statistiken, aufgeschlüsselt nach Uhrzeit, Herkunftsland, Betriebssystem, Auflösung, usw.
Und drittens haben viele, allen voran hobbymässige Website-Betreiber, gar nicht die Möglichkeit, auf die Statistiken des eigenen Servers zuzugreifen. Dies gilt insbesondere, aber keinesfalls nur, für Billig- und Gratishoster. Mit anderen Worten: Rückt der eigene Kiosk die Daten nicht heraus, bleibt eben nur die indirekte Zählmethode mit dem unsichtbaren Pixel.

Fazit

Zählpixe sind bequem aber in vielen Fällen unnötig. Ich hoffe, diese kleine Aufklärung hat ein paar Augen geöffnet und sorgt vielleicht sogar für ein paar Abmeldungen bei den grossen Anbietern von Zählpixeln. Das Internet dankt dafür.

Yhoko