Mindestenssechszeichen...keine Panik!

Neues Jahr, alte Herausforderungen

11. Januar 2012 von Yhoko
Zweitausendundeinpaarzerquetschte. So viele Sonnenumrundungen durften wir schon abhaken, oder zumindest sind wir uns alle einig, dass es schon so viele waren seit... ach, das interessiert heute niemanden mehr. Wichtig ist nur, dass wirs wieder einmal geschafft haben und darauf die Korken und Feuerwerkskörper knallen lassen. Anscheinend stehen wir auf laute Geräusche, wenn es etwas zu feiern gibt, aber fürchten sie umso mehr, wenn ein Krieg ausgerufen wird.

Anyways. Englische Begriffe überfluten auch dieses Jahr wieder die Spielewelt, denn Englisch ist die Sprache der Wahl, mit der sich Entwickler die grösste Zielgruppe weltweit versprechen. Davon abgesehen sind die Begriffe aber tatsächlich oftmals kürzer und sogar treffender als ihre deutschen Äquivalente. So ist es dann kein Wunder, dass die Spieler sich heutzutage zum "Raid" vor einer "Instanz" verabreden, um dort "Mobs" zu "pullen" bis sie "aggro" werden und sich gegenseitig "Buffs reinhauen" um ihre "dps" zu "pushen", aber am Ende doch "gewiped" werden weil die "nubz" mal wieder nur "idle" "campen" und die "caster" nicht "rezzen" können weil beim "Spawn" ein "PK" "telefraggt". Word. Nichts anderes will ich hören, wenn ich gerade in einer mittelalterlichen Fantasy-Welt mit ehrfürchtigem Blick einen schwarzen Drachen am Horizont aufsteigen sehe und ein letztes Mal mit dem Schleifstein über die schartige Klinge meines von Elfen geschmiedeten Schwertes streiche um mich der Herausforderung zu stellen. Roflcopter.

Aber ich will nicht klagen, schliesslich verwende ich manche Begriffe im dunklen Kämmerchen auch schon selbst, wenn sich damit ein paar Buchstaben sparen lassen. Es gab schon immer verschiedene Spielwelten, von denen einige ernster genommen wurden als andere, und der Markt hat eben gezeigt, dass Letztere bei der breiten Masse besser ankommen. Und diese Erkenntnis ist alles andere als neu. Ich glaube, dass es auch heute noch die Enthusiasten und Liebhaber gibt, die Tage und Wochen in Klassikern wie "Magic Carpet" oder "Das schwarze Auge" (nein, nicht Drakensang; ich meine Schatten über Riva) versinken können und daran ihre helle Freude haben. Spieler, die die Gegner noch beim Namen kennen und die Begriffe so sagen, wie sie im Spiel erklärt werden. Die Papierblocks mit Rätselskizzen, Passphrasen und Questnotizen übersäen und nach jedem Abenteuer in die Stadt zurückkehren, um ihre Heldengruppe neu auszurüsten. Spieler, die vor einer Götterstatue kurz die "ducken" Taste drücken um einen respektvollen Knicks zu emulieren, obwohl es im Spiel keinen Vorteil bringt. Und ich glaube weiterhin, dass es nicht weniger geworden sind, eher sogar noch ein paar mehr. Aber leider glaube ich auch, dass die anderen, die ihre Dialoge nur möglichst schnell durchklicken, um nachher kurz im Quest-Log nachzuschlagen, was sie eigentlich als nächstes tun sollen, währenddessen einen explosiven Zuwachs erhalten haben und dadurch zur Hauptzielgruppe geworden sind. Und der tragische Schluss daraus ist, dass immer mehr Entwickler mit diesem frischen Wind segeln. Schade.

Fünftausendundbaldachthundert - so viele Jahre zählt man schon im hebräischen Kalender. Ob die in achtundzwanzig Jahren genauso feiern, wie der Rest der Welt im Jahr zweitausend? Zahlen haben uns schon immer fasziniert. Zufälligerweise ist dies hier gerade der achtundzwanzigste Beitrag in diesem Blog und jeder Beitrag hat mindestens sechs Zeichen. Dieser Beitrag hier beinhaltet, um genau zu sein, dreitausendsechshundertachtundfünfzig sichtbare Zeichen in sechshundertzweiundvierzig Wörtern, aber keine einzige Zahl. Beeindruckt? Rekursion ist eben schon eine tolle, rekursive Sache. Und so kommt auch bei jedem Jahreswechsel wieder die Notwendigkeit, sich eine neue Zahl zu merken und mit neuen Augen ins neue Jahr zu blicken. Menschen lieben neue Dinge, selbst wenn ihr einziger Vorteil gegenüber den Bestehenden darin besteht, das sie neu sind. Schliesslich sind wir von Natur aus neugierig und das macht uns alle zu Forschern. Hoffen wir also, dass es auch dieses Jahr viel Neues zu entdecken gibt und wir dabei doch immer wieder einen Ansatz finden, um noch weiter zu forschen.

In diesem Sinne, nachträglich einen guten Rutsch, viel Erfolg im neuen Jahr und Augen auf! - manchmal entdeckt man auch bei alten Dinge ganz neue Aspekte.

Yhoko
Themen: NeujahrGedanken

6 Kommentare

MMORPGs / 13.01.2012
Sag mal schreibst du irgendwo beruflich? Dein Schreibstil ist so flüssig und interessant zu lesen weil man ständig wieder überrascht wird, das Talent solltest du nutzen wenn du mich fragst.

Mag sein das es mir nur so gut gefällt weil ich mich in den Texten die ich bisher von dir gelesen habe immer an mehreren Stellen selbst erkennen konnte aber ich denke Sie würden mir auch ohne diese Tatsache gut gefallen.

Mach weiter so!

PS. Freut mich das ich dich durch mein Kommentar im Beitrag "Klopapier Rollenspiel" ermutigen konnte wieder was zu schreiben :)
Yhoko / 13.01.2012
Nein ich schreibe nicht beruflich, aber ich schreibe gerne und das soll auch so bleiben. Wirtschaftlicher Druck würde dem mit Sicherheit entgegenwirken ;-)
dewild / 14.01.2012
jaja, bei rpgs ist es inzwischen tatsächlich gang und gebe, den dialog fix wegzuklicken und dann hinterher im questlog nachzugucken. vor allem, da meist auf dem kompass das nächste ziel stupide angezeigt wird - einfach dem pfeil folgen und am ziel irgendwas killen oder ein item aufnehmen.
Yhoko / 15.01.2012
Das erinnert mich jetzt sehr an Bethesda, aber sicher ist es auch bei anderen Herstellern so. Allerdings gibt es auch ein Gegengewicht - gerade bei Bethesda sind Mods, die Kompassanzeigen entfernen, recht beliebt. Immerhin. Vielleicht sollte ich auch mal einen Eintrag den Elder Scrolls widmen... *grübel*
dewild / 15.01.2012
Gut erkannt, im Prinzip hab ich mich nämlich ziemlich auf Skyrim bezogen. Hervorragendes Spiel, aber es verleitet manchmal echt dazu, sich blind auf den Kompass zu verlassen. Ich spiel solche Spiele aber ehrlich gesagt auch für die Story, deshalb versuche ich das zu vermeiden. Grade die Sachen, die man in der Regel ignoriert, sind bei der Elder Scrolls Reihe besonders cool, zum Beispiel die Bücher.
Yhoko / 15.07.2015
Glücklicherweise ist man gerade bei Skyrim in keinerlei Hinsicht auf das beschränkt, was die Entwickler einem vorsetzen. Dank zahlloser Mods lässt sich das Spiel nicht nur grafisch sondern auch spiel- und storytechnisch aufpolieren. Es gibt fast nichts, was man nicht nachrüsten kann; ein ordentlicher Kompass ist da wirklich nur der allererste Schritt. Das ist wohl der Hauptgrund, warum ich Skyrim auch heute, 3 Jahre später, noch häufig spiele. Bei Bedarf spreche ich gerne Mod-Empfehlungen aus.

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