Mindestenssechszeichen...keine Panik!

Warren Ex

27. August 2011 von Yhoko
Dieses Jahr hat seinen eigenen Horizont am Videospielehimmel. Portal 2, Dragon Age 2, Mass Effect 3, TES 5 Skyrim und Zelda Skyward Sword sind nur einige der (teils langersehnten) Glanzpunkte, die 2011 herauskommen sollten. Zwei möchte ich aber besonders hervorheben, weil wir auf diese wirklich lange gewartet haben: Duke Nukem Forever und Deus Ex 3.

Zuerst die schlechte Nachricht: Duke Nukem Forever hats nicht geschafft. Vierzehn Jahre lang (!) haben mal diese, mal jene Entwickler das Spiel angekündigt, Demos gezeigt oder es totgesagt und jetzt, genau 20 Jahre nach Dukes Debut, ist es plötzlich doch fristgerecht erschienen. Ich will nicht sagen, dass DNF ein schlechtes Spiel geworden ist, aber gerade das Shooter-Genre hat sich in der Zwischenzeit so massiv weiterentwickelt, dass es unterm Strich einfach keine Innovation mehr zu bieten hat. Man muss den Entwicklerteams aber auch zugute halten, dass über zehn Jahre einfach zu viel Zeit für so ein Spiel sind und sie das Spiel am Ende doch noch fertiggebracht haben - womit viele nie ernsthaft gerechnet haben.

Der andere grosse Knall sollte Deus Ex 3 werden und auch da waren die Erwartungen durchwachsen. Nachdem der zweite Teil etwas vom Weg abgekommen war und viele Fans enttäuscht hatte, sollte bei "Human Revolution" nicht einmal mehr Videospiele-Halbgott Warren Spector (Wing Commander, Ultima, System Shock, Deus Ex, Thief) mitwirken. Wir erinnern uns aber, dass Warren mit "Mickey Epic" ohnehin einen neuen Weg verfolgt und legen unser Vertrauen und unsere Hoffnung in Eidos Montreal unter der Federherrschaft von Square-Enix. Ich erwähne das deshalb, weil beide früheren Deus Ex Teile von Ion Storm unter Eidos hergestellt wurden und um mit damit aufzuzeigen, dass sich auch bei diesem Projekt politisch viel getan hat - wenn auch nicht ganz so heftig wie bei Duke Nukem. Entsprechend skeptisch waren auch meine Erwartungen, als der dritte Titel nun tatsächlich termingerecht auf dem Markt erschien. Schafften es die Jungs, den Geist von Deus Ex aufzugreifen und ein genauso spannendes, vielschichtiges und tiefgreifendes Science-Fiction Abenteuer zu erschaffen?

Die Antwort lautet: Ja! Bei Deus Ex Human Revolution startet man mit einer MG in der Hand durch das Tutorial, aber mit dem (Fast-)Tod und Wiederbeleben der Hauptfigur erwacht auch das Deus Ex Feeling wieder zum Leben. Es ist alles da, was das Herz begehrt: Die Basis mit eigenem Büro, Lüftungsschächte zum Durchkriechen, Schalttafeln zum Hacken (die mit einem netten Minigame umgesetzt wurden), zahlreiche Nebenquests und die grosse Frage, was es eigentlich bedeutet, Mensch zu sein. Wow. Sogar die deutsche Synchro gefällt besser als die Originalstimmen und die einzigen Mäkel an dem Spiel schlagen sich in den nicht ganz zeitgemässen Animationen nieder (leider passt auch die Lippensynchronisation nicht wirklich zur deutschen Sprachausgabe). Unterm Strich erfüllt Deus Ex 3 meine Erwartungen bisher voll und ganz und gleicht damit das Duke Nukem Debakel allemal wieder aus - Duke Nukem ist vielleicht ein Klassiker, aber Deus Ex ist eine Lebensweisheit.

Der Bericht wird später noch ergänzt, wenn ich das Spiel durchgespielt habe.

Nachtrag: Da Steam es geschafft hat, meine Spielstände unbrauchbar zu machen, wird es vorerst kein Fazit geben. Ich war kurz vor dem Schluss und es wäre nicht richtig, das Spiel jetzt halbherzig (oder eher: sauer und mürrisch) noch einmal hopp-hopp durchzuspielen, nur um den Rest auch noch zu sehen. Danke an Steam, danke an Valve, geht bitte sterben.

Nachtrag 2: Nach nun über 2 Jahren hat mich die Lust wieder gepackt und ich habe mir DXHR noch einmal vorgenommen. Eine gecrackte Version, die problemlos läuft, versteht sich; das Original darf im Regal verstauben. Die Freude war also wieder da und die Spannung gross, als ich wieder an die Stelle kam, bei der ich letztes Mal zum Abbruch gezwungen war. Sollte das Spiel tatsächlich alle Versprechungen halten? Die Antwort ist: leider nein. Was so gut angefangen hat und in einem epischen Knall enden könnte, zerfällt am Ende leider in einen ungeniessbaren Einheitsbrei.

Zunächst einmal sind die letzten Gegner keine intellligenten Bots, für die ich als erfahrener Deus Ex Spieler der ersten Stunde unzählige EMP-Granaten reserviert hatte, sondern verrücktgewordene Zivilisten. Ihre Augmente treiben sie in den Wahnsinn, dadurch werden sie überaus nervös und aggressiv. Genau wie Zombies trifft man sie fast nur in grösseren Gruppen vor; kann sie aber auch locker umgehen, da sie keine Erfahrungspunkte mehr geben und spielerisch keine Herausforderung darstellen. Ganz offensichtlich wollten die Entwickler, dass man am Ende doch noch zur Schrotflinte greift (eine Doppelläufige liegt bereit) und sich durch das letzte Level durchmetzelt. Erste Enttäuschung.

Dann kommt der Endboss-Kampf; natürlich gegen eine art wildgewordene K.I. die zwischendurch auch mal nach ihrer Mami ruft - zweifellos wurde hier ein Kind (genau genommen sind es sogar drei) als "Prozessor" eingebaut, darüber erfährt man allerdings nichts. Wer waren diese Kinder? Doch ehe man sich Gedanken machen kann, taucht Zhao auf und versucht, die KI zu beherrschen - was nicht klappt, weil ihr Biochip nicht kompatibel ist. Warum eigentlich? Auch egal, denn sie aktiviert die Abwehrsysteme und der Kampf beginnt. ... ich wills mal so ausdrücken: Man hackt 2 Terminals, braucht 3 EMP-Granaten für die auftauchenden Mechs und schiesst ne Weile auf Zhao. Ende. Toller Bosskampf. Zweite Enttäuschung.

Zum Schluss erscheint noch einmal Eliza Cassan und überlässt dem Spieler die Wahl, wem er sein Vertrauen schenkt, die Menschheit in die Zukunft zu führen - seinem Boss Sarif, dem Widersacher Taggart, den Illuminaten (die für mich immer noch ziemlich ins Spiel reingeflickt wirken) oder niemandem (sprich: alle töten inkl. sich selbst). Klingt spannend. Ein Klick auf den entsprechenden Button startet dann aber nur ein kurzes Video, bestehend aus TV-Doku-zusammenschnitten, begleitet von der Stimme des Protagonisten, die ihre Hoffnungen bzgl. der Entscheidung ausbreitet. Ende. Dritte Enttäuschung. Nicht einmal bei "Selbstmord" sieht man das gewaltig beeindruckende Panchaea-Projekt wie versprochen in sich zusammenbrechen sondern hört nur ein paar Wasser-Sounds vor dem Video.

Meine Güte. Ich kann nur orakeln, dass Eidos zum Schluss hin massiv die Zeit ausgegangen ist. Der Schluss ist wahnsinnig wichtig für ein Spiel und so viele Themen wurden einfach offen gelassen. Das zieht DXHR stark runter, was wirklich, wirklich schade und irgendwie traurig ist.


Kommentar schreiben

Name:
E-Mail:
Beitragstext: