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Fireflies

15. Oktober 2015 von Yhoko
Als er den Raum betrat wendete sie den Kopf in seine Richtung und blinzelte langsam, die Stirn in sorgenvolle Falten gelegt. Er blieb kurz in der Tür stehen, erwiderte ihren Blick und atmete ruhig durch, ehe er ans Bett herantrat und die Hand an ihre Wange legte. Sie schloss die Augen wieder, schmiegte sich an seine Haut und genoss die Wärme, die Berührung und seine Anwesenheit. Die Zeit schien sich respektvoll aus dem Zimmer zurückzuziehen, um den Beiden diesen Moment zu schenken, schien anzuhalten um Platz für die Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse zu schaffen, welche sie in stummer Zweisamkeit austauschten.

Irgendwann öffnete sie die Lieder einen Spalt, verzog die Lippen zu einem sanften Lächeln, doch als sie merkte, dass er sie noch immer nur trocken anstarrte, liess sie die Muskeln wieder erschlaffen. Ihr Mund wollte bereits die ersten Buchstaben formen, da beugte er sich vor und gab ihr ein kaum spürbares Küsschen auf die Lippen und blieb mit dem Kopf nahe an ihr, blickte in ihr Gesicht und seufzte nachdenklich. "Werde ich sterben?" hauchte sie nun doch und erwiderte den Blick mit leeren Augen, müde von den vergangenen Tagen, erschöpft durch ihr Dasein. "Ja..." antwortet er ebenso leise, die Hand noch immer an ihrer Wange, den Kopf noch immer zu ihr nach unten gebeugt. Sie nickte langsam, nahm den Blick von ihm und liess ihn durch den Raum gleiten, zum Fenster, zu den Bildern an der linken Wand, zu der Decke über ihrem mageren Körper, zum Holzpofosten des Bettes und schliesslich wieder zu ihm empor. "Begleitest... du mich?" setzte sie flüsternd nach und schloss die Augen, da er im selben Augenblick zärtlich mit dem Daumen über ihre Wangen zu streichen begann. "Ja..." war erneut die Antwort, trauriger als beim ersten Mal, gefüllt mit Resignation und Sehnsucht, begleitet von einer Träne, die über seine Wange kullerte und unter seinem Kinn verschwand. Stille herrschte nach wie vor in dem Raum, Stille, obwohl draussen der Tag vorbeizog, mit spielenden Kindern, plaudernden Leuten und den Vögeln, die über das Haus zogen.

So wie ihr Herz sich zur Ruhe begab und dem schwachen Körper seine Ruhe liess, küsste er noch einmal die feuchten Lippen, hielt dabei noch einmal ihre Hand, schenkte ihr ein letztes Mal Wärme und Geborgenheit, und strich ihr ein letztes Mal durch das feine Haar, ehe er die Decke bis zu ihrem Hals zog und den Blick von ihr nahm. Er setzte sich auf den Stuhl, auf dem er seit Tagen neben ihr verharrt hatte, stützte die Stirn mit flachen Händen und blickte auf den Boden, wo sich die Tränen sammelten und in den Sonnenstrahlen glitzerten. In seinem Kopf erschienen Bilder, auf denen er mit ihr durch eine Blumenwiese rannte, sie neckisch in die Seite piekte, sie beim Backen in der Küche erwischte und mit ihr die Vögelchen im Park fütterte. Und als er sich von den Erinnerungen losriss war die Sonne untergegangen, ein kühler Wind liess die Vorhänge leicht flattern und das blasse Mondlicht liess ihr Gesicht wie das einer Prinzessin erscheinen, sanft und freundlich.


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